Polarlicht
Eine kurze Einführung Beilage zum Diavortrag an der Volkssternwarte Ennepetal e.V. 1. Entstehung des Polarlichts
Ursache für das Polarlicht ist der Sonnenwind. Es handelt sich dabei um einen Teilchenstrom, dessen Geschwindigkeit zwischen ca. 400 und 700 km/sek liegt. Am 15.7.2000 wurden sogar über 900 km/sek gemessen. Üblich sind hier unter 10 Teilchen pro Kubikzentimeter, bei Massenauswürfen der Sonne in Richtung Erde werden hier aber auch über 100 Teilchen pro Kubikzentimeter gemessen. Protuberanzen am Rand der Sonne - Aufgenommen von Erich Kopowski am 19.3.2003
Unter diesen meist geladenen Teilchen, aus denen sich der Sonnenwind zusammensetzt findet sich auch eine gewisse Anzahl Protonen, die sehr schnell fliegen. Kurz nach einem Flare-Ereignis, also einem größeren Ausbruch auf der Sonnenoberfläche, kann man diese Protonen als Störfunken im Bild der SOHO-Sonde feststellen. Die Meisten Teilchen im Sonnenwind benötigen aber um die 3 Tage, um die Erde zu erreichen. Findet allerdings ein heftiger Ausbruch auf der Sonne statt, so können die Teilchen die Erde schon nach 24 Stunden in Form einer Schockwelle erreichen. Das Erdmagnetfeld wird durch den Sonnenwind verformt
Die Grafik oben zeigt anschaulich, daß der Sonnenwind das Erdmagnetfeld verformt. Auf der sonnenzugewandten Seite der Erde werden die Feldlinien regelrecht zusammengedrückt. Dabei aber fangen die Feldlinien geladene Teilchen des Sonnenwindes ein. Diese Teilchen strömen dann entlang der Feldlinien auf die magnetischen Pole der Erde zu. Die Bewegung dieser geladenen Teilchen wiederum bewirkt einen Stromfluß. Stromfluß, Strahlung und die geladenen Teilchen des Sonnenwinds bewirken, daß ganze Luftschichten der Hochatmosphäre Ionisiert werden. Sie werden elektrisch leitend und dabei zum Leuchten angeregt. Je stärker der Sonnenwind ist, desto weniger werden die Teilchen vom Erdmagnetfeld abgelenkt bzw. desto stärker wird das Erdmagnetfeld verformt. Dies bewirkt, daß magnetische Feldlinien, die üblicherweise nahe der magnetischen Pole die Erdoberfläche bzw. die Erdatmosphäre erreichen nun in niedrigere Breiten abgedrängt werden. Die Polarlichterscheinung dehnt sich also weiter aus. Da diese Effekte an Nord- und Südpol gleichermaßen auftreten, erfreut man sich in Australien übrigens des öfteren der Beobachtung von Südlichtern. Die üblichen Farben des Polarlichts sind rot, grün und blau. Daraus entstehen dann Mischfarben wie violett, weiß und seltener gelb. Die Farben entstehen einmal durch unterschiedliche Atmosphärenbestandteile und zum anderen in unterschiedlicher Höhe. Grüne Polarlichter werden üblicherweise durch Sauerstoff hervorgerufen, während rote und blaue Farben von Stickstoffatomen stammen.
Die grüne Spektrallinie des Polarlichts liegt bei 555,7nm Wellenlänge. Es handelt sich um eine „verbotene Linie“ des Sauerstoffs. Diese Linie wird nur bei den extremen Bedingungen in der Hochatmosphäre möglich und zwar in 90-140km Höhe.
Bei etwa 630 nm liegt eine rote Polarlicht-Linie, ebenfalls vom Sauerstoff hervorgerufen, aber in Höhen von 150-300km. Eine dicht benachbarte Sauerstofflinie liegt bei 638 nm. Diese Linie ist ständig schwach aktiv und als „Airglow“ meßbar. Auch der Stickstoff, in molekularer Form, spielt beim roten Licht mit. Er sendet in den niedrigen Höhen des roten Polarlichts, also um 150km seine Linien aus. Damit rote Polarlichter sichtbar werden ist sehr viel Energie nötig. Schnell bewegliche Strukturen in roten Flächen, die meist an der unteren Grenze dieser Bereiche sichtbar werden, rühren vom Stickstoff her. Wird ein Stickstoff-Molekül von einem Elektron getroffen, so sendet es die ihm zugeführte Energie einige Zehntelsekunden früher aus als Sauerstoff - das Leuchten ist unruhiger. Das grüne leuchten des Sauerstoffs findet etwa eine Sekunde nach dem „Elektronentreffer“ statt. Bläuliche und violette Linien stammen ebenfalls zumeist vom Stickstoff. Es gibt zahlreiche Polarlicht-Linien von Sauerstoff und Stickstoff, und auch einige schwache Linien von Wasserstoff und Hydroxid (OH).
Spektrum eines Polarlichts
Da das grüne Leuchten sich in tieferen Atmosphärenschichten abspielt, ist es übrigens auch nicht so weit sichtbar wie das rote Leuchten. Eine Aufnahme des Spaceshuttles zeigt die unterschiedlichen Höhen.
Auch an anderen Planeten in unserem Sonnensystem wurden Polarlichter beobachtet. Besonders beim Jupiter waren sie hell genug, um genauer erforscht zu werden. Hier treten allerdings die Farblinien des Wasserstoffs hervor. Die Farbe des Polarlichtes ist ja direkt abhängig von der Zusammensetzung der Hochatmosphäre des jeweiligen Planeten. Südlichter, aufgenommen bei der Shuttle-Misison STS-39 (Foto: NASA)
2. Einflüsse
Manchem Techniker wäre wohler, wenn Polarlicht außer dem netten bunten Leuchten keine weiteren Auswirkungen hätte. Aber dem ist nicht so. Die gewaltigen Stromflüsse entlang der Feldlinien des Erdmagnetfelds induzieren in jedem elektrisch leitfähigen Körper weitere Stromflüsse. In der Alaska-Pipeline wurden durch Polarlichteinwirkung einige tausend Ampere gemessen. 1989 brach in Nordkanada das komplette Stromnetz durch Überlastung zusammen. Der Stromfluß findet auch im Salzwasser der Ozeane statt. Immerhin erfolgt während starker Polarlichtstürme eine Energiezufuhr, die oft 300 Gigawatt und mehr pro Erdhalbkugel erreicht. Zum Vergleich: ein Atomkraftwerk erreicht bis zu 1,5 GW Leistung. Da die ionisierte Luftschicht in der das Polarlicht stattfindet ebenfalls elektrisch leitfähig ist, wirkt sie auf Radiowellen wie ein Spiegel. Es kommt zu Überreichweiten und Störungen. Amateurfunker nutzen die Überreichweiten und können im UKW-Bereich ihre Reichweite durchaus verzehnfachen. Dieser Effekt tritt übrigens schon bei Intensitäten auf, die kein Leuchten verursachen. Die Verformung des Erdmagnetfelds bewirkt dann auch, daß Satelliten einen Magnetopausendurchgang erfahren. Sie geraten dann in Bereiche des Erdmagnetfelds, die normalerweise weit außerhalb ihrer Umlaufbahn liegen. Auch hier können Funk- oder Elektronikstörungen die Folge sein. Durch die Aufheizung der oberen Atmosphäreschichten dehnt sich die Erdatmosphäre weiter als gewöhnlich in den Weltraum aus. Niedrig fliegende Satelliten werden dann abgebremst und würden abstürzen, wenn nicht mit Korrekturtriebwerken der Geschwindigkeitsverlust ausgeglichen würde. Auch die Raumstationen ISS und MIR waren im Jahr 2000 davon betroffen. Wegen der hohen Treibstoffkosten war es der russischen Raumfahrt nicht möglich, die MIR wieder auf einen stabilen Orbit zu bringen. Das Polarlichtjahr 2000 spielt also eine gewisse Rolle beim Entschluß zur Aufgabe der MIR.
3. Häufigkeit von Polarlichtern
Die Polarlichthäufigkeit ist eng verknüpft mit der Häufigkeit von Sonnenflecken. Sonnenflecken bilden immer wieder die Ursache für Masseneruptionen und Flares auf der Sonne. Starke Polarlichter sind also ein Anzeichen für hohe Sonnenaktivität. Es wurde festgestellt, daß zu Zeiten einer globalen Abkühlung auch die Polarlichtaktivität zurückging. Dies steht aber nicht mit der oben erwähnten Energiezufuhr durch Polarlicht, sondern vielmehr mit der Sonnenaktivität direkt in Zusammenhang. Während eines 11-jährigen Sonnenflecken-(Halb-)Zyklus ist mit folgenden Polarlichthäufigkeiten zu rechnen:
Polarlicht bis zum 10. Breitengrad 4 Tage Polarlicht bis zum 20. Breitengrad 60 Tage Polarlicht bis zum 30. Breitengrad 130 Tage Polarlicht bis zum 50. Breitengrad 360 Tage Polarlicht bis zum 60. Breitengrad 900 Tage
Diese Zahlen geben natürlich nicht die Beobachtbarkeit der Polarlichter wieder. Dies hängt ja zum einen vom Wetter, von der Tageszeit (Helligkeit) und vom Mondlicht ab, zum anderen auch davon, ob die Intensität der Polarlichter für eine Wahrnehmung ausreicht. Die Intensität eines Polarlichtereignisses findet man in etwa im sogenannten Kp-Index wieder. Während ein Kp-Index von 5 für Polarlichter um den 60. Breitengrad ausreicht, ist schon ein Kp-Wert von über 7 nötig um in Deutschland für Polarlicht zu sorgen. Allerdings: Wie das Polarlicht vom 26. Juli 2000 zeigt, kann es trotz niedrigem Kp-Wert dennoch zu Sichtungen kommen. Genauso, wie ein Kp-Wert von 8 noch keine 100%ige Garantie für Polarlichter in Nordrhein-Westfalen ist.
4. Das Polarlichtereignis vom 6./7. April 2000
In dieser Nacht kam es über ganz Deutschland zu spektakulären Polarlichtsichtungen. Auch aus Südbayern wurden prächtige Erscheinungen berichtet. Zwischen 22 Uhr und 3 Uhr morgens wurde großflächiges rotes Leuchten, weiße Strahlen und grünes Leuchten am Horizont gesichtet. Die Strahlen wuchsen binnen ca. 30 Sekunden vom Horizont her am Himmel auf und wanderten dann meist von Norden nach Osten ab, bis sie verschwanden. Um 22 Uhr und um 2:30 Uhr (MESZ) lagen die Aktivitätsmaxima. Bilder vom 2. Maximum hier. 3-stündlicher Kp-Index
5. Das Polarlichtereignis am 15./16. Juli 2000
Am 14.7.2000 kam es gegen 10:30 Uhr UT nach einem sog. Solar Flare zu einem CME-Ereignis, einer Coronar Mass Ejection auf der Sonne. SOHO-Bild des Massenauswurfs Die Fleckengruppe in der Bildmitte war der Auslöser Die resultierende Schockwelle im Sonnenwind traf nach ungewöhnlich kurzer Zeit gegen 12 Uhr UT am 15.7. auf der Erde ein und verursachte ungewöhnlich heftige Polarlichter, die auch noch in Österreich gesichtet wurden. Vielerorts war es allerdings bedeckt. Die Kurve des Magnetometers in Kiruna (Schweden) vom 15.-16.7.2000
Ungewöhnlich für Polarlicht über Deutschland war die violette, aus rot und blau zusammengesetzte Farbe der Erscheinungen. Kurz vor 0 Uhr MESZ waren am noch dämmrigen Himmel schnell aufschießende weiße Strahlen bemerkbar, die binnen einer bis drei Sekunden vom Horizont zum Zenit heraufreichten und verloschen. Dann zeigte sich im Zenit ein violetter Stern, von dem aus nach allen Richtungen weiße Strahlen verliefen, die sich bewegten. Eine sogenannte Korona. Bis gegen ca. 1:30 h war das Schauspiel zu beobachten, dann ließ die Aktivität sehr schnell wieder nach. Bilder gibt es hier. Berechnete Ausdehnung des Polarlichts am 15.7.
3-stündlicher Kp-Index
6. Polarlicht in Norwegen
Für die im Norden ihres Landes lebenden Norweger ist Polarlicht, wie für Menschen in Island, Schottland, Grönland, Alaska, Spitzbergen und Sibirien auch, nichts ungewöhnliches. Die Erscheinungsform dort ist aber doch deutlich anders, als in den gemäßigteren Breiten. Hier finden sich hauptsächlich grüne bandartige Strukturen, die sich in raschen, schlängelnden Bewegungen über den Himmel ziehen. Rotes Polarlicht ist hier eine Seltenheit. Gelbe und blaue Strukturen kommen jedoch durchaus vor.
7. Polarlicht am 7. November 1989
Wunderbar passend zum 11-jährigen Zyklus der Sonnenaktivität wurden vor genau elf Jahren auffällige rote und grüne Polarlichter in Deutschland beobachtet. Der Kp-Index lag damals bei 8.
Bilder gibt es hier.
8. Weitere Polarlichtereignisse im Jahr 2000 (bis 6. November)
Am 26./27. Juli 2000 konnte im Bereich Kiel ein schwaches Polarlicht beobachtet werden, obwohl die Kp-Messungen relativ schwach waren.
Am 12. August 2000 zum Beispiel spielte sich das Ereignis Tagsüber ab. In Nordamerika allerdings waren die Polarlichter gut beobachtbar.
Am 17./18. September 2000 konnten zwischen 1 Uhr und 2:40 Uhr MESZ sehr helle Polarlichter gesehen werden. Leider war es fast Überall vollständig bedeckt. Beobachtungen wurden aber Beispielsweise aus Greifswald gemeldet.
Am 6. November 2000 kam es zwischen 19:10 und 19:40 Uhr MEZ zu Polarlichtern über ganz Deutschland. Leider wurde dieses Ereignis vielerorts durch starke Bewölkung unbeobachtbar. Aus Aachen, Laufen, Essen, Nottuln und dem Hunsrück gab es Berichte über Strahlen, zunächst grünliche, dann rote Flächen. Im Münsterland wurde gegen 22:40-22:45 noch einmal kurz rotes Polarlicht gesichtet. 298,28 GigaWatt Energiezufuhr wurden um 16:28h UT vom NOAA-15 Satelliten gemessen
Polarlichtereignis vom 11.4.2001 Einen schönen bebilderten Überblick über die Entwicklung der Polarlichter in dieser Nacht findet sich in der Bildergallerie. Links: http://www.saevert.de/aurora.htm Die Polarlichtseite von Thomas Saevert, eine sehr umfassende Informationssammlung http://www.lichtspiele-am-himmel.de/ Eine weitere schöne Seite rund um das Thema Polarlichter. |