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Der William Optics Megrez 110
Ein schneller ED-Apo

Im Sommer 2008 hatte ich, wieder durch private Initiative, das Glück, einen William Optics Megrez 110 testen zu können. Es handelt sich um einen schnellen ED Apo mit 655mm Brennweite, für genaue Rechner exakt f/5,95 - oder einfach f/6. Der Megrez ist in dieser Variante ein Zweilinser, bei dem laut William Optics und anderen Berichten FPL-51 zum Einsatz kommt, also ein Fluorophosphat-ED-Glas. Die William-Optics-Homepage und die Anleitung verraten allerdings nichts über die verwendete Glassorte, diese Info scheint man nur auf Anfrage zu bekommen.
Die Optik wird explizit auch für den Einstieg in die Astrofotografie beworben. Was das Handbuch dazu verrät ist, dass als Zubehor der Flattener III von William Optics verwendet werden soll. Interessant aber, dass William Optics auf Anfrage mitteilte, dass doch eher der ältere Flattener II zum Megrez 110 passend sei. Auf der Homepage ist inzwischen auch zum Flattener III zu lesen, dass dieser nicht (mehr?) zum Megrez 110 passt.
Diese Anmerkungen zielen, wie der aufmerksame Leser vielleicht bereits bemerkt hat, auf die etwas seltsame Informations- und Produktpolitik von William Optics. Es scheint nämlich, als sei der Megrez 110 nicht immer in dieser Konfiguration (ED-Zweilinser mit Luftspalt) verkauft worden, und als seien die angebotenen Reducer/Flattener eher Behelfslösungen denn ordentlich auf die Optik abgestimmte Feldkorrektoren. Leider passt diese Produktpolitk nicht recht zur Empfehlung von William Optics (und einigen Händlern), den Megrez 110 als Einstieg in die Astrofotografie zu verwenden. Immerhin, beide Flattener verkürzen die Brennweite um den Faktor 0,8 auf 525mm, also f/4,8. Das ist fotografisch durchaus attraktiv, da aber der Astrofotografie-Einsteiger heutzutage gern eine digitale Spiegelreflex-Kamera verwendet, stellt deren Chipgröße eben auch den Anspruch von 27mm Bilddiagonale, wofür die Sternabbildung korrigiert sein sollte. Das scheint mit dem Flattener III nicht besonders zu gelingen, jedenfalls nicht deutlich besser, als es mit einem TeleVue TRF 2008 Reducer möglich ist, der ja naturgemäß nicht auf die Optik des Megrez gerechnet ist. So zeigen es jedenfalls im Internet verfügbare Bilder [1].


Bilder von Jaap van ’t Leven (EOS 40D, hier auf 50% skaliert).
Ein Klick auf die Bilder führt zur vollen Auflösung.

Es lohnt sich, die Bilder in voller Auflösung zu betrachten. Immerhin, beide Reducer liefern eine Abbildung, die es erlaubt, Astrofotos in typischen Bildschirmgrößen (z.B. 1024x768) praktisch perfekt zu präsentieren. Auf Abzügen wird aber wegen der höheren Auflösung die nachlassende Sternabbildung in den Bildecken auffallen. Das ist brauchbar, erscheint mir aber nicht mit dem Preisniveau von Teleskop und Reducer im Einklang zu stehen, die zusammen etwa 1550 Euro kosten*.
Interessanter ist das Gerät da schon als visuelles Teleskop mit Widefield-Anspruch bei großer AP und einem schönen Allround-Potenzial wenn nebenbei auch höher Vergrößert werden soll, sei es für Planeten oder helle Deepsky-Objekte.


Der rotierbare Crayford Auszug ist gut gelungen.

Nach diesen Anmerkungen endlich zum Teleskop selbst. Das Gerät wird in verschiedenen Zubehör-Kombinationen geliefert. Ich erhielt eine Variante mit Transport-Koffer und passenden Rohrschellen.
Die Optik steckt in einem soliden Tubus mit weißem Strukturlack. Die Taukappe ist ausziehbar und ihr Deckel sowie zwei Übergangsringe sind aus orange eloxiertem Aluminium, was dem Gerät ein ganz eigenes Erscheinungsbild gibt. Der Crayford-Okularauszug ist aus poliertem und schwarz eloxierten Aluminium. Bei William Optics heißt es, es sei ein 2,5” Auszug, aber gemeint ist hier tatsächlich wohl nur der Durchmesser des Auszugrohres, die Klemmung ist ganz normal 2”.
Für den Transport lässt sich die Optik auf 56cm zusammenschieben, wobei noch ein oder zwei Zentimeter zu sparen sind, wenn der 1,25” Reduzierring aus dem 2” Okularauszug entfernt wird. Der Deckel der Taukappe hat einen Außendurchmesser von 140mm, alles andere am Tubus ist schlanker, außer den Rohrschellen und den Fokussierknöpfen, die 180mm auseinander liegen. Der Außendurchmesser der Taukappe liegt bei ca. 135mm. Das Gerät bringt ohne Rohrschellen etwa 4,5 Kilo auf die Waage.
Neben der ausziehbaren Taukappe gibt es ein paar weitere nette Details. Am Okularauszug findet sich ein Fokussierknopf mit 1:10-Untersetzung. Eine Skala auf dem Auszugsrohr gibt in Zentimetern und Zoll die Fokusposition an, was zum groben Fokussieren mit unterschiedlichen Kamera-Konfigurationen recht nützlich ist.
Der Okularauszug ist rotierbar, und der Rotationswinkel kann über eine Skala abgelesen werden. Mit drei Madenschrauben scheint dies justierbar zu sein, so dass der Okularauszug auch um die optische Achse rotiert, die Bedienungsanleitung schweigt sich dazu aber aus. Gedacht ist dieses Detail natürlich für die Fotografie, um den passenden Bildwinkel herauszusuchen, auf einer parallaktischen Montierung ist es aber ebenfalls recht praktisch, da man so die je nach Teleskopstellung unangenehme Position der Fokussierknöpfe verbessern kann. Natürlich gibt es dafür auch eine Klemmschraube. Die Bedienungsanleitung verrät, dass der Sucher von William Optics auf dem Drehbaren Teil des Okularauszugs befestigt wird. Ein Grund mehr für eine ordentliche Justage des Rotationsteils, wenn allerdings nach einer Rotation schon der Sucher daneben zeigt, wird wohl auch die Bildqualität leiden, wenn entsprechend weit abseits der optischen Achse beobachtet wird.
Die Transportkiste ist gut mit Schaumstoff gepolstert und dank Tragegriff wirklich handlich, allerdings wenn man der Angabe der Anleitung glauben würde, wäre sie drei mal schwerer als das Teleskop selbst (13,5kg). Die Personenwaage meint eher 8,6 Kilo mit Teleskop, womit die Kiste dann wenig schwerer als 4kg ist. Im Internet werden 5,3kg genannt. William Optics macht falsche Angaben - man erinnere sich wieder an den Flattener III - für meinen Geschmack zu häufig.
Die Kiste ist jedenfalls eine typische Kiste mit Alurahmen und Alu beplanktem Sperrholz. Bei der Form des Schaumstoffteils hatte William Optics auch keinen idealen Gedankengang, denn wohl ist vorne die Aussparung für die Taukappe etwas zu lang, so dass hier mit einem eingelegten Schaumstoffklumpen das ganze für den Megrez passend gemacht wurde, dafür ist aber am anderen Ende kein Platz da, um die Optik samt Zenitspiegel einzupacken. Nun würde der Platz ja reichen, weil doch vorn durch Herausnahme des zusätzlichen Schaumstoff Platz zu schaffen wäre, aber da spielen die Aussparungen für die Fokussierschrauben nicht mit so dass ohne Teppichmesser nicht daran zu rütteln ist, dass man den Zenitspiegel getrennt unterzubringen hat. Gleiches gilt für die Rohrschellen, ohne die das Gerät nunmal nicht zu befestigen ist. Hm!


Warum passt der Zenitspiegel nicht mit in die Kiste?

Wirklich vollständig ist die Angabe des Zubehörs erst mit der Erwähnung des William-Optics Putztuches, im obigen Bild in der vorderen Tüte mit dem Garantiezertifikat als ockerfarbenes Läppchen zu sehen. Es passt eigentlich nicht so ganz zu den Empfehlungen, die man allgemein zur Optikreinigung vorfindet...

Die Verarbeitung des Gerätes ist sehr gut. Alles ist sauber und frei von kosmetischen Mängeln. Die mit Filz ausgestattet Taukappe sowie ihr Deckel hinterlassen keine Kratzspuren im Strukturlack von Tubus, respektive Taukappe. Der 2” Crayford-Okularauszug zeigt kein Kippeln und auch sonst keine Schwächen, selbst voll auszgezogen. Dafür geht er etwas stramm (was einstellbar ist), aber in der Praxis erwies sich das als sehr nützlich, weil der Okularauszug dann selbst bei Zenitbeobachtung mit einem schweren UWAN 28mm nicht geklemmt werden musste und durch den untersetzten Fokussierknopf immer noch feinfühlig und butterweich zu bedienen war. Mitgeliefert wird auch ein 1,25” Reduzierer mit 2” Filtergewinde. Beide haben schöne Rändelschrauben zur Klemmung, die aber auf einen Klemmring aus Federbronze wirken.  Eher wirkungslos war allerdings die Klemmschraube für den Okularauszug, obwohl sie eine Kunststoffspitze besitzt, hat sie doch kaum Haftung auf dem blankpolierten Eloxal des Auszugrohrs. Auch die Rohrschellen, aus matt schwarz eloxiertem Aluminium, passten gut ins Bild. Mit Filz ausgekleidet und schön griffigen Verschlussschrauben sowie Gewinden mit M6 und 1/4” UNC Fotogewinde auf jeweils zwei gegenüberliegenden Auflageflächen lassen sie keine Wünsche offen.
Zu wünschen übrig lässt aber Williams Idee, das Gerät je nach Paket ohne Sucher auszuliefern. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn sich am Tubus ein Sucherschuh finden würde - der wird aber bei William Optics zusammen mit dem Sucher geliefert und am Okularauszug montiert - wo es keine gerade Auflagefläche gibt. Laut Bedienungsanleitung wird die Sucherhalterung mit nur einer Schraube befestigt, und welche, das kann man nur erraten, denn in der Abbildung ist sie nicht zu sehen. Es scheint wohl die einzelne Schraube mit schwarzem Kopf zu sein, und nicht eine der Drei Führungsschrauben für den Crayford, die aber viel eher ins Auge fallen. Eine Chance, am Tubus einen eigenen Sucherschuh zu befestigen, und das auch mit zwei Schrauben ordentlich zu machen, hat man nicht. Als Notbehelf habe ich einen Sucherschuh mit ebener Auflagefläche auf eine der Rohrschellen geschraubt, was nicht besonders schick aussieht.  Für ein Gerät mit solchem Widefield Potenzial fehlt einfach die Möglichkeit, einen Leuchtpunktsucher auf “normale Art und Weise” zu befestigen, und es scheint mir doch recht unwahrscheinlich, dass man sich bastlerisch mit der Bohrmaschine am Tubus dieses Geräts zu schaffen macht. William Optics scheint den Sternfreund hingegen auf die Sucher aus eigenem Hause festzunageln, von denen der Leuchtpunktsucher mit orangener Spiegelbeschichtung eher zweifelhaft ausschaut. Natürlich hat William Optics dazu passend auch ein ganz eigenes Patent zur Sucherbefestigung!


Der dielektrische beschichtete Zenitspiegel, mit Carbon-Design - wer’s braucht...

Zum Einsatz kam der Megrez dann mit einem William Optics “Carbon Fiber Diagonal”, ein Zenitspiegel mit 99% Reflektivität und laut Homepage Lambda/10 Genauigkeit, die allerdings ein “*” tragen, das mir irgendwelche Einschränkungen andeutet, die aber nirgends auftauchen, weil eine Fußnote fehlt. Was das “Carbon Fiber” angeht, so sind auch nur die Seitenplatten des Aluminiumgehäuses in Carbon-Optik, ohne dass diesen eine tragende Funktion zukommt. In kalten Nächten liegt der Zenitspiegel dann beim Abbau nicht so eisig in der Hand wie seine Kollegen, während von der ansonsten gut zum Teleskop passenden Optik im Dunkeln nichts zu sehen ist. Immerhin hat der 1,25” Reduzierer des Zenitspiegels, den man damit doppelt hat, neben dem Filtergewinde eine anders geformte Klemmschraube als die 2” Klemmung. Die kann man also im Dunkeln gut fühlen und auseinanderhalten, was Unfälle vermeidet.  Auch der Zenitspiegel hat ordentliche Klemmringe und ist gut verarbeitet.


Im Dunkel des Tubus ist die helle Schnittfläche des Auszugrohrs nicht zu sehen...

Beim Blick in den Tubus finden sich drei Blenden und eine ordentliche Innenschwärzung, außer... nun außer vorn am Auszugsrohr, das zwar eine gute Innenschwärzung hat, aber eine blanke, nicht lackierte Schnittkante, wie man es eigentlich eher von billigen Teleskopen her kennt. Das ED-Objektiv mit Luftspalt hat seine Distanzplättchen außerhalb der optischen Fläche und trägt, wie die Beschriftung der Fassung verkündet, eine STM-Vergütung. Was hinter der Abkürzung für  “Super-High Transmission” für Werte stecken, lässt sich nicht herausfinden, außer man misst selbst. Die Reflexe lassen auf eine Mehrschichtvergütung schließen, die aufgrund der rötlichen Farbe wohl auf die verwendeten Gläser abgestimmt und vielleicht etwas besser als das gewöhnlich grüne Breitband-Multicoating ist.

Zur ersten Beobachtung kam der Megrez 110 parallel neben einem betagten Vixen 80L zum Einsatz. Es sollte sich dem langen Fraunhofer mit 80mm Öffnung und 1200mm Brennweite stellen, um einen Eindruck vom Restfarbfehler der schnellen ED-Optik zu bekommen. Saturn stand dafür Mitte Juni 2008 schon recht tief, wenn er in der Dämmerung sichtbar wurde. Trotzdem war die Beobachtung durchaus aussagekräftig. Saturns geringe Flächenhelligkeit und die geringe Höhe über dem Horizont machen den Farbfehler des Fraunhofer fast unsichtbar. Der ohnehin ockerfarbene Planet zeigte so im 80L auch keinen störenden Farbstich. Im 80L war das Bild vor allem ruhiger, was nicht nur daran lag, dass die kleine Optik weniger Seeing auflösen konnte, sondern seinen Grund auch in der Auskühlzeit des Megrez fand. Es dauert tatsächlich länger als eine halbe Stunde, bis der Megrez sich akklimatisiert hat. Beim Megrez wurde dann auch der Restfarbfehler sichtbar, was sich an intrafokal roten und extrafokal grünen Farbsäumen zeigte. Optimal ist wohl ein sehr schwacher, rötlicher Farbsaum. Bei den aktuell sehr tiefstehenden Planeten Saturn und Jupiter zeigte sich jedenfalls der 80 L durchaus dem schnellen ED-Apo gewachsen, vor allem auch weil durch das kräftige Seeing der Megrez eben seine besser Auflösung nicht zeigen konnte. Durch die bessere Farbkorrektur des ED sind die Farbsäume kleiner aber auch heller und fallen eher ins Auge als der große aber dafür nur dunkle Restfarbfehler des langen Fraunhofers.


Parallel zum Klassiker Vixen 80L.

Besser aufgehoben ist der Megrez daher bei der Deepsky-Beobachtung. Hier ist ein Feld von 4° möglich, was bei maximaler Feldblende eines 2” Okulars zu erreichen ist. Das sind immerhin acht Vollmonde nebeneinander, oder eben die 16-fache Fläche des Vollmonds. Mit einem 42mm Okular ist das gut zu erreichen und die AP von 7mm ist fast für Jedermann einsetzbar, der einen entsprechend dunklen Himmel hat, oder für ausgedehnte Gasnebel Filter verwenden will. Die Vergrößerung von knapp 16-fach ist dann ein perfekter Übergang von einem typischen Feldstecher mit 10x50 oder auch 13x70. Kleinere Geräte wie die verbreiteten 80mm ED-Apos sind bei großer AP einfach zu nah an typischen Feldstechern. An hellen Sternen zeigt sich dann ab etwa 50-facher Vergrößerung der Restfarbfehler, eher noch als Sternfarbe denn als Farbsaum. Der Stern wird je nach Fokus mal grünlich, mal rötlich. Bis etwa zur 100-fachen Vergrößerung kann sich der Deepsky-Beobachter an den feinen Refraktorsternchen erfreuen, dann wird mehr und mehr das Beugungsscheibchen sichtbar. An M13 zeigte das Gerät mit einem 4mm Okular die beste Leistung, was die Auflösung anging. Darüber hinaus wurde das Bild zu dunkel und die Airy-Scheibchen der verbleibenden Sterne waren einfach zu augenfällig. Derartige Vergrößerungen sind eher zur Doppelsterntrennung nützlich. Auch bei der Planetenbeobachtung wird man bei mehr als 160-facher Vergrößerung keine weiteren Details erkennen. Beim tiefstehenden Jupiter ist der Restfarbfehler wenig störend, aber vorhanden und ähnlich stark wie der Farbfehler durch atmosphärische Refraktion. Das Jupiterbild ist dabei recht hell und weiß, die Farbtemperatur des Bildes eher kalt, also kein Gelbstich. Schon bei 110-fach kann daher die Blendung des Riesenplaneten den Beobachter stören.

 

Beobachtungsbericht Megrez 110

Der 1. Juli 2008 glänzte durch sehr schönes Wetter. Im Laufe des Abends schaute ich mir die hübsche Durchsicht an und beschloss, trotz des Wochentags, lange genug auf dem Balkon zu bleiben, um mit dem Megrez einmal NGC 7000 aufs Korn nehmen zu können – eben Widefield-Beobachtung. Das Gerät nutzen, wofür es wirklich gut ist. Die Hausecke hält alles jenseits von 160° Kompasswinkel von meinen Blicken fern, der Zenit ist aber frei. Eben ein Balkon an einer Wand genau nach Westen, ohne Dach (welch Segen!).

Himmelsausschnitt mit Cartes du Ciel
Mit diesem Himmelsausschnitt muss man von einem Westbalkon aus zufrieden sein.

Los ging's wie schon in einigen Nächten zuvor mit M3, im 4mm kaum gemottelt, wirklich nur ein Wölkchen. Keine Einzelsterne. Dann M97 - der Eule die Zähne zeigen, klar, OIII musste sein. Ich dachte an den Thousand Oaks, weil ich in Stadtnähe vom Astronomik zu wenig Wirkung erwartete. M97 kam dann im LVW 22 sehr schwach in Sicht, ich hatte mit mehr Helligkeit gerechnet (3,7mm AP). Im 14mm UWA war er dann gut auszumachen. Der Vergleich zum LVW 13 zeigte ähnliche Transmission, praktisch keinen Unterschied, und so verschieden auch nicht vom 16mm UWAN. Jedenfalls mit OIII-Filter. Man sagt dem UWA 14mm Serie 4000 ja eher ein kleines Problem im Blauen nach, was Transmission angeht. Das kann durchaus so sein, der Vergleich neulich an einer Galaxie passt dazu.
Interessant sind die Felder, das LVW 22 zeigt nur wenig mehr, als das 16mm UWAN. Das 14mm UWA zeigt wiederum nur einen Hauch weniger Feld als das 16mm UWAN. Ich fand es überraschend, dass das Meade mit derart wenig Verzeichnung gegenüber dem UWAN punktet. Das UWAN 16mm hat leider auch nur 50° wirklich scharfes Feld, und das 14mm UWA ist sauber scharf bis zum Rand, top!
Mit dem 7mm UWAN wurde M97 dann unangenehm duster, und auch ein Astronomik OIII änderte nichts daran. Es war noch Restdämmerung am Himmel, deshalb habe ich es ohne OIII nicht probiert. Das hätte auch nichts geändert, nur mehr Fokussterne.
Wo ich doch grad in der Ecke war und im Zenit DRACO schön zu sehen war, dachte ich an das Katzenauge NGC 6543. Dank des Mag 7 Atlas hatte ich endlich mal ein leichtes Spiel mit der Suche, weil die Sternbild-Hilfslinien drin sind. Die Erfahrung bestärkt mich in dem Gedanken, die A und B Kartensätze des Tri-Atlas auszudrucken, denn der hat eine ordentliche Objektdarstellung wie z.B. der Atlas von Taki oder der SkyAtlas, aber eben auch die Hilfslinien selbst in kleinen Ausschnitten eingezeichnet. Für mich ist das sehr wichtig.
Gut, also NGC 6543 schnell gefunden mit UWAN 28mm und Baader OIII, das Ding ist ein Quasar, also quasistellar. ;) Scheint einen rötlichen Rand zu haben (fragt mich nicht, wie ich trotz OIII diesen Eindruck hatte).
Dann mit Vergrößerung ran und ohne Filter, 14mm schnell durch, weiter 7mm, da war schon die Mandelform und dann 4mm UWAN und 3,5mm Nagler sowie auch das 4mm TS Planetary. Die Mandelform kommt schön, am Rand Ausfransungen, aber kein Zentralstern oder andere Strukturen.

Kartenausschnitt
Ausschnitt aus dem Mag 7

Wo man schon mal in der Gegend ist und den planetarischen Nebel NGC 6210 im Herrn Kules schon vor paar Tagen im Visier hatte, einfach mal auf dem Blatt des Mag 7 geschaut - da ist ein NGC am rechten Oberarm des selbigen Herrn Cool is'. Im Mag 7 sind alle Objekte Kreise - mal schaun, was es werden würde. Gesucht und bald gefunden mit UWAN 28mm und Baader OIII darin. Ein Nebelfleckchen mit hellem Zentrum. Mit 14mm ran, da wird der Rand unregelmäßig, wirkt wie eine Galaxie mit Staubstrukturen oder irgendwas ganz komischem. Mit dem 7mm wurd’s dann verschwommen, so dass ich das 4mm nicht probiert habe. Naja, tags darauf sehe ich im Katalog, es ist ein Kugelsternhaufen. Den werde ich mal mit 12" angehen! Da wäre der vielleicht aufzulösen.
Gut, dann weiter geschaut, M13 lacht. Der war wieder schön mit 14mm und 7mm sowie bei 5mm im Speers Zoom, aber dann im 4mm UWAN: Patsch, Einzelsterne bei direktem Sehen im ganzen Haufen. Toll! Na, aber das 4mm TS Planetary brachte ähnliches. Airy-Scheibchen waren bei beiden an den Feldsternen sichtbar. Das 3,5mm Nagler überzog’s dann, war aber nicht viel dunkler als das 4mm UWAN, was zeigt, dass das Nagler wohl mit Spitzen-Transmission gesegnet ist. War aber wirklich zuviel. Fokus war bei diesen Brennweiten knifflig, ohne den Mikrofokussierer wäre das haarig gewesen!
Beim 14mm UWA fiel mir noch auf, wie schön es doch die Sternfarben wiedergibt, neben M13 ist ja ein roter Riese, und der fiel gut ins Auge.

Dann M92, von den Okus her ähnlich wie M13. Ja, beim 7mm UWAN fiel mir der Einblick negativ auf, entweder Kidney-Beaning oder das Feld kaum zu überblicken. Will man das Feld haben, zappelt man mit dem Einblick ‘rum - und wenn mir das auffällt, dann muss es wirklich schlimm sein damit.
M92 ist mit weniger Einzelsternen gesegnet, das Zentrum kommt aber brillianter. Deshalb liebe ich den Haufen im 12-Zöller, und im 8-Zöller lässt er's schon durchblicken. Naja, heute nur 110mm Öffnung. Jedenfalls, das Speers Zoom ist vom Einblick viel besser und zeigt auch bei 7mm ein mindestens gleich gutes Bild.
Von da aus zum Ringnebel - beim Schwenk auf die andere Seite, um vom Dachrand klar zu kommen, sehe ich Freund Jupp zwischen den Bäumen - er war aber gerade in einen Baum reingewandert. Also doch M57. Schön, was soll man sagen. Aber dann, ich glaube mit 7mm oder mit 4mm war endlich die Aufhellung in der Mitte zu packen.
Nun noch zu M27, mit UWAN 28mm und Baader OIII schön mit Ohren, mit 14mm ohne Filter waren weniger Ohren da, 7mm war auch noch nett.

Nun war Jupiter aus dem Baum ‘raus, der nächste steht aber nicht weit. Also zügig. Speers 5-8mm und die beiden 4mm an den Start. Bei 4mm überzogen, Seeing, geht nicht, blubbert. 5mm am Speers Zoom noch am besten. 2 Wolkenbänder, Details in den Bändern, vielleicht ein Mondschatten, kaum abgehoben. Der Farbfehler ist bei optimalem Fokus eher rötlich, wird er grün, scheint der Fokus nicht zu passen. Von der atmosphärischen Refraktion schlecht zu trennen, der steht so tief. Das Bild war schön neutral weiß, aber auch recht hell. 5mm waren für die Bedingungen noch zu viel, aber im Bereich 6mm / 7mm wurde das Bild im Zoom blendend. Also auch bei 110mm Öffnung die typischen Probleme. Für das Seeing und den tiefen Stand hatte ich aber keine Lust, mit Graufiltern herumzumurksen.
Also weiter, Deneb hing genau hinter dem Dachfirst. Also noch mehr Zeit überbrücken, ich schätzte, es möge kurz nach 1 Uhr sein. Was geht? M56, warum denn nicht. Na, aus der Stadt schwierig, ich weiß das. Aber trotzdem, der Himmel ist so gut, also drauf. Im LVW 22 kurz wieder M57 eingeschwenkt, und - ach ich wollte doch noch schauen: Ja, die hellen Sterne zeigen, dass es am Rand nicht sauber abbildet. 60° sind gut, dann fällt es ab. Ich hatte auch den OAZ rotiert und hatte erst den Verdacht, die Randunschärfe wäre nun asymmetrisch, es waren aber wohl nur die unterschiedlichen Sternhelligkeiten im Feld. Dann ‘rübergeschwenkt wo M56 sein sollte und zack, sofort gefunden, obwohl halt der provisorische Sucher nicht genau passt. Mit dem 7mm UWAN ran, und hier nochmal genau auf die Feldsterne geschaut, ja es hat auch seine Randunschärfe, wohl ab 70°, deutlich besser als das 16mm. Wirklich gut ist da nur das UWAN 4mm. M56 wirkt mit dem 4mm schwach gemottelt, für einzelne Sterne fehlt einfach Öffnung. Immerhin, dass der Kugelsternhaufen so deutlich zu sehen war, wo er unaufgelöst doch so flächenschwach ist. Gute Durchsicht!!!

Sommermilchstraße am Südhorizont in Stellarium
Dicht am Horizont - Stellarium verschafft einen netten Eindruck vom Blick nach Süden.

Tja, Deneb fehlte immer noch, aber gute Durchsicht und die südliche Milchstraße von den Bäumen frei? UWAN 28 + Baader OIII und abgesurft. Omega-Nebel, dann hart am Baum der Lagunennebel, ganz schwach. Zurück zum Omaga-Nebel, ein schöner Schwan mit schwachem Halo. Darüber dann - ui - der Adlernebel, recht ausgedehnt. Dann noch herumgerührt ohne Orientierung bis durch den OIII ganz schwach M11 im Bild war. Gut, jetzt endlich NGC 7000, der Nordamerikanebel. Zenitnah und mit demselben Oku draufgehalten. Unbequemer Einblick und die Dachkante im Blick, der Nebel war gut auszumachen, aber ich wusste nicht recht, was jetzt was ist. Vielleicht auch die ungewohnte Bildumkehr, sicher aber die Dachkante. Jedenfalls war der Nebel da und gut abgehoben. Bei freiem Himmel muss ich das nochmal in Ruhe machen mit besserer Einblickposition ohne störendes Balkongeländer usw.
Schließlich noch den Zirrus, der war auch schon vom Dach frei (Überraschung!). Der passt mit beiden Teilen genau ins UWAN 28 rein. Schöne Sache, aber trotz Baader OIII war der doch schwach und trüblich, auch hier fehlt's wirklich an Öffnung, obwohl das Objekt so groß ist. Beim Zirrus sind es eben die feinen Details, die erst mit großer Öffnung lachen.

Das sollte es dann gewesen sein, dachte ich mir, so 2 Uhr musste es sein - nein! Am Videorekorder im dunklen Zimmer flimmerte 2:54, und ich war doch geschockt. Geniale Nacht, schöne Beobachtung, aber zu spät für unter der Woche, wo ich doch am Tag noch Programm machen musste.

Der Megrez machte sich gut in dieser Nacht, ich hatte den R200SS zwar auf dem Tisch liegen zum auskühlen, kam aber nicht dazu und es war auch nicht unbedingt nötig. Folgende Einschätzung:
Das Gerät macht sehr viel Spaß um auf beengtem Raum Deepsky zu machen, vor allem wenn man auch Widefield vor hat. Es ist also ein Gerät für Widefield mit großer AP (6mm entsprechen 18-fach, mir fehlt dazu ein passendes 35mm Okular), es lässt einen unter guten Bedingungen aber auch nicht im Stich, die Standardobjekte abzugrasen. Somit ist es auch für Unterwegs mit einem ordentlichen Potenzial gesegnet, allerdings... Es muss ebenso ordentlich montiert sein. Die Gm-8 wirkte zwar unterfordert, aber mit weniger Tragkraft als eine GP würde ich das Gerät auf keinen Fall montieren! Es tauchen dann auch je nach Okular bald Lastwechsel durch die andere Balance auf, und ich musste die selbstgefräste 30cm Losmandy-Schiene schon voll nach oben Schieben, um das Gerät in die Waage zu bekommen. Es neigt zur Hecklastigkeit und braucht eigentlich die Rohrschellen nahe beieinander, um den Tubus passend schieben zu können. Mit meiner Schiene kein Problem, aber mit der Standard-Mini-GP_Prismenschiene wird das vielleicht nicht so gehen. Mit einer längeren GP-Schiene sollte es auch klappen.
Am Planeten war es auch prima, das konnte ich an Jupiter und Saturn sehen, aber da auch im Rahmen eines kleinen Balkongerätes oder für die Reise, während es als Planetenspezialist eine Fehlempfehlung ist.
Es ist ein Deepsky-Gerät, was bei flächigen Objekten eine tolle Performance bringt, bei Objekten mit Feinstrukturen (Zirrus, kleine PNs) aber dann unter zu geringer Öffnung und Auflösung leidet. Die feinen Refraktorsterne machen viel Spaß bei allen Vergrößerungen, aber unter 7mm Okularbrennweite (also sagen wir ab 100-fach) kommt das Airy-Scheibchen dann auch zum Vorschein und dann zählt halt die Auflösung, so dass es da realistisch selbst gegen 8" f/4 keine Schnitte mehr hat. Dadurch wird es als Deepsky-Spezialist gegenüber einem 8" Spiegel uninteressant, weil die Montierungsanforderungen ähnlich sind, während der 8" Spiegel sehr günstig zu haben ist - vom Dobson mal gar nicht zu reden, der 8" f/6 spielt es in allen Disziplinen außer  Übersichtsbeobachtung an die Wand, und da sind Saturn und Jupiter im Megrez auch weit von den Möglichkeiten eines beherrschten 8" f/6 entfernt.

Aber genau für diesen Zweck: Als Ergänzung für Widefield / Reise / Balkon ein schönes Gerät. Dafür taugt es! Würde William einen passenden Reducer bringen, wäre es auch für Deepsky-Fotos top. So muss ich allerdings sagen, dass die Bewerbung als Foto-Einsteiger-Optik den Kunden schlecht berät, denn da gewinnt man mit einem Newton mit Komakorrektor mehr. Betrachtet man die oben beschriebenen Patzer, so mag das auch nicht ganz zum Preis passen.
 

*) Preisniveau 7/2008

[1] Bilder von Jaap van’t Leven:
http://www.pbase.com/jvtleven/image/91365498
http://www.pbase.com/jvtleven/image/91366102

Der Vollständigkeit halber noch die genauen Daten zum Beobachtungsbericht:

Datum: 1.7. / 2.7. 2008, 23:00-2:50h MESZ
Ort: Oer-Erkenschwick
Optik: William Optics Megrez 110/655, ED-Doublett
Montierung: Losmandy Gm-8
Okulare:
William Optics UWAN 28,16,7,4
Meade UWA 14 Serie 4000
Vixen LVW 13, 22
Speers Waler Zoom 5-8
TS-Planetary HR 4
Nagler 3,5
Filter:
Thousand Oaks OIII 1,25”
Astronomik OIII 1,25”
Baader OIII 2” (8nm-Variante)

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