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Astrofotografie mit der Webcam

In den letzten zwei Jahren hat sich die Webcam als günstiges Werkzeug für äusserst gute Planetenfotos erwiesen. Die neuesten Umbauanleitungen ermöglichen sogar schon längere Belichtungszeiten, die tatsächlich selbst Galaxien ins Bild bringen.

Meine ersten Erfahrungen habe ich mit der Logitech Quickcam VC gemacht, nun habe ich mir die Philips Toucam Pro (740K) zugelegt. Die Erfahrungen mit diesen beiden Webcams habe ich hier zu einer kleinen Anleitung im Umgang mit der Webcam-Fotografie zusammengefasst. Man möge mir verzeihen, dass fast alle Beispielbilder “nicht astronomisch” sind. Aber diese einfache Aufnahme war für die Dokumentation viel besser zu verwenden, da hier für jede Aufnahmeserie gleiche Bedingungen herrschten.

The Basics

Wer seine ersten Bilder mit der Webcam schiesst, stellt zunächst mal fest, dass die Bilder eigentlich recht unscharf wirken, oft auch verrauscht und schlechter als manche chemische Aufnahme. Das lässt sich auch zunächst für das einzelne Bild nicht ändern. Das gewaltige Potential der Webcam liegt aber in der Bildaddition. Mit einer Webcam kann man nämlich “auf die Schnelle” und ganz sorglos 500 und noch mehr beinah identische Aufnahmen eines Objekts herstellen - man produziert quasi einen kurzen Film des Objekts, vielleicht 30 Sekunden lang aber problemlos auch länger.
Mit diesem Film lässt sich eine Menge anfangen, denn da alle Bilder sehr ähnlich sind kann man nun das Rauschen der Webcam entfernen. Rauschen ist ja etwas, das zufällig passiert. Man kann zwar nicht sagen, in welchem Bild ein bestimmter Punkt von einem hellen oder dunklen “Störfleck” getroffen wird, aber sicher ist, dass alle Punkte im Bild etwa gleich oft davon betroffen sind.
Addiert man nun eine grosse Anzahl dieser Bilder zusammen, so erhält man ein Gesamtbild, in dem jeder Bildpunkt ähnlich oft von Störungen betroffen war. Da alle Punkte also gleich Stark gestört sind, und sich zudem “helle und dunkle” Störungen ausgleichen, verschwindet das Rauschen. Das Ergebnis wird um so besser, je mehr Bilder man zusammenrechnet:

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Webcam-Rohbild und geschärftes Rohbild, beim Schärfen wird deutlich: der CCD-Chip rauscht (Quickcam VC)

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ca. 200 mit Giotto aufaddierte Webcam-Bilder: das Rauschen verschwindet und es kann weiter geschärft werden (Quickcam VC)

Das Aufeinanderlegen (=Addieren) der Bilder beseitigt zwar weitestgehend das Rauschen, aber die Schärfe wird davon nicht besser. Im Gegenteil, Störeinflüsse durch Seeing können das Bild sogar noch leicht verwischen. Es kommt darauf an, nur die besten Bilder einer Seite mit wenig Verzerrungen und Unschärfe durch die Luftunruhe zu addieren.
Der nächste Schritt ist die Nachbearbeitung. Das entstandene Bild kann geschärft werden - ein Schritt, der mit verrauschten Bildern fast unmöglich ist, da hier das Rauschen hervorgehoben wird - das Bild wird unansehnlich.

Webcam Bilder Schritt für Schritt

1. Die richtige Webcam

Es gibt inzwischen eine grosse Auswahl an Webcams auf dem Markt. Einige sind gut geeignet, einige weniger gut. Ich würde aber sagen, dass sich jede Webcam eignet. Unter Amateurastronomen erfreut sich derzeit (1/2003) die Philips Toucam Pro (PCVC740K)  grosser Beliebtheit. Auch das Vorgängermodell (Vesta Pro, Toucam 680K) wird gern noch gebraucht erworben. Die Kameras sind aufgrund ihrer guten Farbwiedergabe und hohen Lichtempfindlichkeit empfehlenswert.
Derzeit sind Webcams mit CCD-Chip am besten geeignet, während CMOS-Chips (noch) mit schlechterer Lichtempfindlichkeit und hohem Rauschanteil behaftet sind.
Ein Detail, das bei jeder Webcam vorhanden sein sollte, ist eine Möglichkeit die Belichtungszeit manuell zu regeln, da die üblichen Automatiken bei Mond- Planetenbildern versagen!

2. Umbauten

Nur keine Angst - man muss seine Webcam nicht kaputtmachen. Aber für die besten Ergebnisse sollte man seine Webcam ohne Optik ans Teleskop adaptieren. Die Webcam-Optik führt zu einigen Problemen wie Vignettierung, Fokuslage,etc. Prinzipiell ist es aber auch möglich, die Webcam mit ihrer Linse am Teleskop zu verwenden.
Bei vielen Webcams lässt sich aber die Optik einfach abschrauben - bei meiner Quickcam ging dies aber nur nach Öffnen des Gehäuses. Die Toucam lässt sich ohne weiteres der Linse berauben, sie wird einfach abgeschraubt.
Da unter der Optik der “nackte” CCD-Chip (unter einem Schutzglas) zum Vorschein kommt, sollte man damit vorsichtig umgehen. Wird das Schutzglas verkratzt oder verschmutzt, sieht es nicht zu gut für die Kamera aus...
Nun muss die Kamera auch noch am Teleskop befestigt werden. Dies ist natürlich sehr vom Gehäuse abhängig...
Ein guter Trick ist eine Filmdose. Fuji oder Kodak-Filmdosen lassen sich wie ein Okular in den 31,8mm-Okularauszug eines Teleskops einstecken. Agfa-Dosen sind meistens etwas zu dick. Es kommt nun also darauf an, eine solche Filmdose ohne Boden an der Webcam vor der “Chipöffnung” zu befestigen. Hier gibt es viele Möglichkeiten. Ein guter Trick ist es, ein Loch in den Deckel der Filmdose zu schneiden und diesen so an die Kamera anzukleben, dass man das Webcam-Objektiv trotzdem noch wieder einschrauben kann. Nun kann man entweder das Objektiv aufschrauben, oder die Filmdose ohne Boden an den Filmdosendeckel klipsen - die Webcam kann also eine Webcam bleiben.
Um den Kunststoffdeckel anzukleben hat ein Vereinskamerad einfach eine Heissklebepistole verwendet, es dürfte aber auch mit anderen Kunststoffklebern (z.B. Stabilit Express) machbar sein. Die Klebepistole “aus dem Sonderangebot” scheint mir aber sogar die preisgünstigste Lösung zu sein.

Wer sich im Internet umschaut, findet auch Umbauanleitungen für geschickte Löter, um Webcams zur Langzeitbelichtung und zur Verwendung als Nachführkamera zu verwenden. Darauf möchte ich hier nicht weiter eingehen.

Ausserdem weise ich ausdrücklich darauf hin: Wer seine Webcam auseinandernimmt, die besagte Filmdose verklebt, der tut dies auf eigene Gefahr und sollte zunächst selber darüber nachdenken, ob er dem Gewachsen ist. Ich halte es für einfach, aber ich will weder moralisch noch anderweitig für das Ungeschick anderer Leute haften!

3. Ohne Schrubben, ohne Bücken - Ohne Kleber, ohne Basteln!

Nun, wie immer kostet es Geld, aber es gibt eine Lösung. Für die Philips Toucam Pro (740K) ist ein aus Aluminium gedrehter Adapter erhältlich, der Anstelle des Objektivs in des Gewinde der Toucam geschraubt wird. Soweit ich informiert bin, hat dieser Adapter auch ein Filtergewinde, das wie man im Folgenden sehen wird, sehr notwendig sein kann. Die Kamera wird dann, eigentlich auf gleiche weise wie die Filmdose, wie ein Okular eingesteckt.
Bis jetzt habe ich diesen Adapter nur bei der Firma Teleskop-Service gesehen.

4. Allerhand optisches für die Refraktorianer

Nun haben wir die Webcam endlich ans Teleskop gebracht, aber es gibt immer noch Dinge zu beachten. Die Besitzer von Spiegelteleskopen können schon loslegen, aber der Besitzer eines Linsenfernrohres muss noch etwas grübeln.
Die CCD-Chips unserer Webcams zeichnen sich nämlich durch eine hohe Infrarot-Empfindlichkeit aus. Nun ist uns eigentlich jedes Licht recht, dass unser Bild voran bringt, leider aber ist der Schärfepunkt am Linsenteleskop für infrarotes Licht ein anderer, als der für das Sichtbare. Das gilt leider auch für viele Apos, erst die neusten (und teuersten?) APO-Optiken sind auch im nahen Infrarotbereich gut korrigiert. Ein weiteres Übel ist die hohe Blauempfindlichkeit der CCD-Chips, welche den Blausaum des Achromaten in aller Deutlichkeit zum Vorschein bringt - hiervon wenigstens bleiben APO-Besitzer verschont.
Wenn man also das Bild fokussiert, wird das scharfe Bild im blaugrünen, grünen, gelben und roten Licht zwar scharf sein, aber es wird von einem unscharfen blauvioletten und infrarotem Bildanteil überlagert. Das Bild wird dadurch zwar nicht gänzlich unbrauchbar, aber es tritt ein Schärfenverlust auf.
Abhilfe schaffen Filter. Dem Blausaum eines Achromaten kann man mit einem Hellgelbfilter, oder mit den diversen für Achromaten ausgelegten Filter wie einem “Minus-Violett” begegnen.
Bei dem Infrarot-Anteil sieht es anders aus. Hier muss ein Infrarot-Sperrfilter her. Nun benutzen ja Webcams von vornherein Linsen in ihrem eigenen Objektiv und jede mir bekannte Webcam enthält deshalb schon einen Infrarot-Filter. Bei meiner Logitech Quickcam ist dieser Filter geschickterweise gleichzeitig das Schutzglas über dem CCD-Chip. Bei den Philips-Webcams ist der Infrarotfilter aber leider im Objektiv eingebaut - und das sollte ja entfernt werden.
Was tun?
Es gibt mehrere Möglichkeiten. Zum einen lässt sich für den unter 3. erwähnten Adapter ein IR-Sperrfilter zum Einschrauben erwerben. Der kann übrigens Zusätzlich zum Gelbfilter verwendet werden, da die meisten Filter ein weiteres Gewinde haben, so dass man mehrere hintereinander schrauben kann. Die Verwender von Minus-Violett oder anderen Filtern sollten sich erkundigen, ob diese Filter Infrarot sperren, so dass ein Filter genügt.
Wer nun einen Infrarot-Filter braucht, aber in seiner Filmdose kein Gewinde dafür hat, der muss basteln. Zum einen finden sich im Internet Anleitungen, wie der Infrarot-Filter aus dem Objektiv der Webcam ausgebaut werden kann - dieser ist aber sehr klein (8 mm) und es erfordert doch einiges bastlerische Geschick ihn zu “montieren”.
Mit etwas Glück kann man aber seinen Filter einfach in das Plastik der Filmdose schrauben - das Metallgewinde des Filters wird dann in den Kunststoff hineingefressen. Aber der Filter muss ganz gerade sitzen, denn ein schief sitzendes Filterglas wird das Bild ebenfalls unscharf machen. Hier ist wieder Eigeninitiative gefragt.
Trick 17 ist jedoch, den oder die Filter vorne in den Zenitspiegel bzw. das Zenitprisma zu schrauben - dieses Zubehörteil sollte ja am Refraktor unbedingt vorhanden sein und meistens gibt es dort auch ein Filtergewinde. Allerdings: Die Filter sollten von guter Qualität sein, denn je weiter vom Brennpunkt=Chip der Filter entfernt ist, desto stärker können sich Oberflächenfehler auswirken!

5. Über Fokalaufnahmen, Barlows und Okularprojektion

Je nach der (geringen) Grösse des Webcam-Chips wirkt das Bild der Webcam viel stärker Vergrössert, als ein Foto mit einer Kleinbildkamera. Hier kann man je nach Chip einen Faktor zwischen 6 und 10 erwarten. Das heisst, ein Teleskop mit 1m Brennweite wird an einer Webcam ein Bild liefern, wie ein Teleskop mit etwa 8m Brennweite an einer chemischen Kamera. Das lässt nun schon wunderschöne Mondfotos zu, aber Jupiter oder Saturn wirken immer noch recht klein. Abhilfe schaffen meist Barlow-Linsen. Eine 2x oder gar eine 3x-Barlow erzielt die richtige Brennweite.
Wem das noch nicht reicht (sehr ungewöhnlich) der kann die Wirkung der Barlow noch vergrössern, indem er diese vor einem Zenitspiegel/-Prisma verwendet. Oder man nutzt die Okularprojektion, darauf will ich aber nicht weiter eingehen.
Man kann nun auch 2 Barlows ineinander schrauben, aber da für deren Wirkung die Abstände zum Brennpunkt wichtig sind, muss eine solche Kombination nicht die Vergrösserung ergeben, die “rechnerisch” herauskäme. Im übrigen macht jede Linse mehr das Bild ein bisschen schlechter...

6. Software

Haben wir es also endlich geschafft, die Webcam ans Teleskop zu bringen, müssen wir uns darum kümmern, mit welcher Software wir Bilder einfangen, und am Ende weiterverarbeiten.
Zunächst mal braucht man für die Webcam vernünftige Treiber. Wichtig ist eben, dass man die Belichtungszeit sowie Helligkeit und Kontrast selber einstellen kann. Den Weissabgleich kann man der Kamera überlassen, aber es ist sicher auch sinnvoll damit eigene Erfahrungen zu sammeln.
Am häufigsten Verwandt wird derzeit das Programm Giotto, das von Georg Dittié programmiert wurde und kostenlos zum Download bereitsteht. Grosses Lob an ihn für dieses vielseitige Tool und besten Dank dafür, dass er trotz der vielen Mühen und des grossen Zeitaufwands dieses Programm kostenlos bereitstellt!

Da es für Giotto bereits einige Anleitungen gibt (siehe Dort), möchte ich nicht weiter auf die Bedienung eingehen. Es gibt noch eine ganze Reihe ähnlicher Programme, zum Beispiel Astrostack.

7. Welche Auflösung

Üblicherweise werden Webcams heutzutage mit mindestens 640x480 Bildpunkten Auflösung angeboten. Einige Modelle schaffen noch höhere Auflösungen, teilweise nur als Standbild. Webcams mit nur 320x200 oder 388x240 Punkten sind eher out.
Interessant ist aber zunächst mal die eigentliche Auflösung des verwendeten Chips. Das, was man im vielen Englisch der Datenblätter als “native resolution” herausfindet. Von dieser Auflösung werden die stolz auf der Packung abgedruckten Grössen abgeleitet. Zum einen wird das Bild verkleinert, indem mehrere Bildpunkte zusammengefasst werden, oder auch indem nur ein Ausschnitt des Bildes gezeigt wird. In vielen Fällen kann das Bild aber auch vergrössert werden. Leider wird das Bild des Chips hier nur rechnerisch “aufgeblasen” und es kommt keine neue Bildinformation hinzu. Solche Bilder sind für uns eher uninteressant und vergrössern nur den Platzbedarf und die Rechenzeit.
Welche Auflösung dann richtig ist, sollte man ausprobieren, denn es ist von Chip zu Chip unterschiedlich. Als Hilfe dazu habe ich einige Beispielbilder gemacht.

7.1 Scanlines
Die folgenden Bilder zeigen, was man bei der Wahl der Auflösung berücksichtigen muss. Bei der Toucam Pro erzeugen die Auflösungen 352x288 CIF und 640x480 störende Scanlines, während sie beim Chip der Quickcam VC nur unmerklich sind. Bei 320x200 zeigt aber die Toucam Pro wiederum keine Scanlines mehr, so dass diese Auflösung wesentlich angenehmer zu betrachten ist..


Toucam Pro 740K: 352x288 CIF, links ein verrauschtes Rohbild, rechts nach Rauschentfernung durch Giotto (300 Bilder)
Dieses Bild benutzt die volle Auflösung (native=640x480) des Chips, stellt aber nur einen Ausschnitt des Gesamtbildes dar. Deutlich ist zu sehen, dass der Chip in dieser Auflösung waagerechte Linien produziert (Scanlines).Es folgt immer eine helle auf eine dunkle Bildzeile. Das Bild wurde mit Absicht dunkel gewählt, da hier auch Dunkelstromstrukturen des Chips erscheinen (senkrechte Linien, mehr dazu unter 8.)

Toucam Pro 740K: 320x200, links wiederum das Rohbild, rechts nach einer Serie aus 500 Bildern. Hier wurden aus der Originalauflösung (640x480) jeweils 2 Zeilen und 2 Punkte zusammengefasst (Binning). Das nutzt auf dem Chip 640x400 Punkte, weshalb jeweils 40 Zeilen oben und unten abgeschnitten werden.
Durch das Zusammenfassen zweier Zeilen fallen jeweils eine helle und eine dunkle Zeile zu einer Zeile zusammen - der Scanline-Effekt wird unsichtbar, das Bild wirkt schärfer. Die senkrechten Linien der Dunkelströme bleiben.


Quickcam VC 352x288 CIF, Ausschnitt 2x Vergrössert. Auch der Chip der älteren Quickcam VC zeigt in seiner nativen Auflösung Scanlines, allerdings wesentlich schwächer ausgeprägt als der Chip der Toucam.

7.2 Bildraten und Datenkompression

Die meisten Webcams sind für die USB 1.0 oder 1.1-Spezifikation gebaut. Das bedeutet, dass hier maximal um 1,2 MByte pro Sekunde durch den USB-Bus geschleust werden können. Das entspricht etwa 6 Bilder/Sekunde bei 320x200 Pixeln und 24 Bit Farbe. Anders herum gerechnet: Ein 640x480 Bild mit 24bit Farbe braucht 900kB Speicher, also 0,75sec um zum PC übertragen zu werden. Um aber dennoch höhere Bildraten realisieren zu können, verwenden die Kamerahersteller eine Datenkomprimierung. Diese Datenkomprimierung ist nicht verlustfrei, es gehen also Bildinformationen und damit Schärfe verloren.


Toucam Pro 740K 352x288 CIF, links 25 B/sec, rechts 5 B/sec, 300 Aufnahmen addiert (Giotto)

Deutlich ist zu sehen, dass im linken Bild weniger Details wahrnehmbar sind. Durch die Datenkompression wurden zum Beispiel die Scanlines “verwischt” und das Bild ist insgesamt unschärfer. Die senkrechten Linien des Dunkelstroms sind aber auch durch die kürzere Belichtungszeit links schwächer.

Die Datenkompression erfolgt meist automatisch. Bei der alten Quickcam VC gibt es jedoch einen Einstellmöglichkeit - reicht dann die Kompression nicht aus, schiesst die Kamera einfach weniger Bilder, als gewünscht. Wichtig ist, möglichst unkomprimierte Bilder zu erhalten - leider ist den Herstellern meist die Einhaltung der Bildrate das oberste Gebot!
Wichtig ist auch, dass die Bilder unkomprimiert bleiben. Das Programm Giotto kann selbst Serien von Einzelbildern von der Kamera erfassen und im unkomprimierten Windows-Bitmap-Format (BMP) abspeichern. Wer gezwungen ist, mit seiner Webcam Videodateien (AVI) zu erzeugen, der sollte unbedingt als Video-Codec (=Komprimierungs-Format) “ohne Komprimierung” gleichbedeutend mit “raw” oder “uncompressed AVI” wählen.

8. Dunkelstrom und was tun...

Die hohe Infrarot-Empfindlichkeit der Chips hat uns ja schon weiter oben beschäftigt. Leider ist sie der Grund für ein weiteres Problem - während der Chip arbeitet, wird er warm. Und diese Wärme findet sich als “Helligkeit” im Bild wieder, der sogenannte Dunkelstrom. Selbst im Stockfinstern liefert ein warmer Chip noch eine scheinbare Helligkeit. Hinzu kommt, dass sich nicht alle Chipbereiche gleich erwärmen. Die Bereiche nahe von Stromzuleitungen der Chipfläche sind besonders davon betroffen. Dadurch entstehen je nach Chiptyp charakteristische Muster, die das eigentliche Bild stören, sobald längere Zeit belichtet wurde. Um diese Störungen zu entfernen benutzt man ein sogenanntes Dunkelstrombild, das die allermeisten Programme zur astronomischen Bildbearbeitung verarbeiten können. Es handelt sich um ein Bild, das mit lichtdicht verschlossener Kamera gemacht wird. So erscheinen im Bild durch Chiperwärmung entstandene Bildfehler. Am besten macht man ein solches Bild direkt nach einer Aufnahme, da der Chip dann ähnlich warm ist, wie zum Zeitpunkt der Aufnahme. Das Dunkelbild verändert sich nämlich mit der Chiptemperatur. Dieses Dunkelbild wird dann von jedem einzelnen Bild einer Aufnahmeserie abgezogen, bevor diese zusammengerechnet werden.

Toucam Pro 740K 320x200, links Dunkelbild zu Anfang einer Serie von 500 Bildern, rechts letztes Dunkelbild der Serie

Anhand dieser Serie von 500 Dunkelbildern kann man erkennen, wie sich der Chip erwärmt  - das Bild ist heller geworden, obwohl die Linse in einem dunklen Raum fest verschlossen gehalten wurde. Der Chip hat sich “bei der Arbeit” aufgeheizt.
Diese beiden Dunkelbilder enthalten noch ein deutliches Bildrauschen. Es macht daher keinen Sinn, nur ein Einzelbild als Dunkelbild zu verwenden - das Rauschen des Dunkelbildes würde das ganze Ergebnis ruinieren. Also muss für ein Dunkelbild eine ganze Serie Dunkelbilder addiert werden, um das Rauschen zu entfernen.

Dunkelbild aus 500 Einzelbildern

Addition aus 500 Bildern, ohne Dunkelbildabzug

Dieselben Aufnahmen mit verrauschtem Dunkelbild links und dem rauschfreien Dunkelbild rechts, gleiche Rohbilder

Die obigen Bilder zeigen die Wirkung des Dunkelbildes recht gut, aber auch seine Grenzen. Während in den dunklen Bereichen im Hintergrund das Bild deutlich besser wird, erhält das Bild insgesamt jedoch einen Gelbstich. Verursacht wurde dies, da für das Dunkelbild ein anderer Weissabgleich verwendet wurde, als für die eigentlichen Aufnahmen, dies gilt es zu vermeiden, indem ein manueller Weissabgleich fest eingestellt wird.
Ein weiteres Detail der Aufnahme ist die schon überbelichtete Stuhllehne. Da sie überbelichtet wird, verursacht der Dunkelbildabzug an dieser Stelle eine Verschlechterung, da diese Fläche so hell war, dass die zusätzliche Aufhellung durch die Chiperwärmung keine Wirkung mehr hatte. In der Praxis kommt es aber eigentlich nicht vor, dass grossflächige Bildbereiche derart überbelichtet sind.

9. Kühlung

Wie man oben sieht, ist das Dunkelbild ein ganz wesentliches Erfolgsrezept, doch kein Allheilmittel. Daher ist es für astronomische Aufnahmen wichtig, den Chip möglichst kühl zu halten. In eiskalten Winternächten erledigt sich dies fast von selbst, dennoch gibt es viele, denen dies nicht ausreicht. Um den Chip auch in Sommernächten kühl zu halten lohnt es sich, eine aktive Kühlung zu verwenden. Hierzu sind allerdings grössere Umbaumassnahmen notwendig. Die Kamera muss in ein anderes Gehäuse eingebaut werden und über Peltier-Elemente wird dieses dann elektrisch gekühlt. Da solche Umbaumassnahmen sehr aufwendig sind, möchte ich hier nicht weiter darauf eingehen. Die Ergebnisse sprechen aber für solche Umbauten, wenn man den Mut und noch vielmehr das Geschick dazu hat. Die besten Ergebnisse werden auch bei Planetenfotos erzielt, wenn der Chip unter 5°C kalt ist.

10. Nachbearbeitung

Der letzte Schritt, zu dem all diese Aktionen hinführen, ist die Nachbearbeitung des Ergebnisses. Da das entstandene Bild weitgehend rauschfrei ist, kann es nun geschärft und gefiltert werden, ohne das störendes Rauschen das Bild verunstaltet.
Es gibt viele Möglichkeiten, um die Bilder zu bearbeiten. Die üblichen Programme wie Giotto oder Astrostack bieten hierzu schon interessante Möglichkeiten, aber die meisten Bildbearbeitungsprogramme können ebenfalls interessante Werkzeuge bieten. Üblicherweise werden Funktionen wie “Unscharf maskieren”, “Schärfen” oder “Helligkeit & Kontrast” verwendet, um auch schwächste Details zum Vorschein zu bringen.
Erst dadurch entsteht aus einer Webcam-Aufnahme das überragende Planetenbild, welches die chemische Planetenfotografie binnen knapp vier Jahren zu einer Art brotlosen Kunst gemacht hat. Die bessere Lichtempfindlichkeit der Webcam und die Fähigkeit, in kurzer Zeit hunderte, ja tausende Aufnahmen eines Objekts zu produzieren, machen die schlechte Qualität des Rohbildes nicht nur wett, sondern sie machen die Webcam derzeit zum “State of the Art” der Planetenfotografie im Amateurbereich.

Rohbild und Endergebnis - noch Zweifel?

11. Langzeitbelichtung

Abschliessend will ich noch ein Wort zur Langzeitbelichtung verlieren. Viele Beispiele belegen, dass mit Webcams, die zur Langzeitbelichtung umgebaut wurden, erstaunliche Ergebnisse zu erzielen sind.  Eine aktive Chipkühlung ist aber auf jeden Fall Vorraussetzung, sowie recht schwierige Lötarbeiten an der Platine der Kamera. Noch mögen sich solche Umbauten lohnen, aber da die Preise für CCD-Kameras für den Amateurastronomen langsam sinken, könnte sich in einiger Zeit eher ein Gebrauchtkauf lohnen, als die Zerstörung einer Webcam.

12. Digitalkameras und Videokameras

Viele der oben geschilderten Techniken lassen sich problemlos auch für Digitalkameras verwenden. Lediglich die Adaption ans Teleskop bleibt ein “individuelles Problem”. Weitere Probleme bereitet auch, dass Digitalkameras nur sehr selten abnehmbare Objektive besitzen.
Auch mit Videokameras lassen sich gute Aufnahmen erzielen, hier ist dann eine sogenannte TV-Karte nötig, die das Videosignal in den Rechner einliest. Giotto akzeptiert auch eine solche Karte als Bildquelle. Da ein Videoband aber einen grossen Qualitätsverlust mit sich bringt, empfiehlt es sich, ein direktes Kamerasignal zu verarbeiten und nicht eine Bandkopie. Auch Digital-Videokameras (DV) lassen sich nutzen.

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