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Vergütungsforschung

SMC, EMD, EMC, UHTC, STM, Phantom Group, StarBright XLT, T* - ja wie heißen wir denn nun? Das alles sind herstellerspezifische Bezeichnungen für etwas, das naturgemäß bei korrekter Funktion nicht ein Ding sein kann, nicht ein Ding sein darf. Die Vergütung. Und zwar bitte die Mehrschicht-Vergütung. In der einfachen Welt mag man sich beschränken auf MC oder FMC, aber das ist heute nicht mehr gut genug. Das Marketing braucht da schon mehr. Alleinstellungsmerkmale: So gut wie die unsere, ist keine - oder vielleicht doch?

EMD von Explore Scientific
EMD - der Gedanke war, doch einmal zu googlen, was dahinter steckt...

Fakt ist, dass nur die wenigsten Hersteller Fakten zur Vergütungsqualität liefern. Die gängigen Schlagworte bekommt man natürlich: Hohe Transmission, Reflexminderung, dauerhaft, na und so weiter. Aber wie hoch ist denn die Transmission nun grad zum Beispiel bei 510nm für dunkeladaptierte Augen, oder bei 486nm für visuelle H-Beta Beobachter? Bei 656nm für den H-Alpha Freund. Tja das erfährt man nicht einmal durch suchen - oder nur sehr schwer. In den meisten Fällen erfährt man einfach gar nichts - außer den drei Buchstaben, oder wieviele es gerade halt mal sind. Damit ist auch nicht sichergestellt, dass die drei Buchstaben etwas zusagen haben. Denn da gibt es ja Okulare, die ein und derselbe Hersteller fleißig über mehrere Labels vertreibt  - und warum schaut die Vergütung bei allen gleich aus, trägt aber nur bei einem dieser Labels den klingenden Sondernamen? Man kann sich seinen Teil denken!

Bekannte Televue-Qualität.
Bei Televue steht einfach gar nichts drauf.
Man kann aber auf der Webseite nachlesen, dass man sich Mühe gibt - reicht eigentlich!

Außer Zweifel steht, dass eine gute Mehrschicht-Vergütung auf allen Glas-Luft-Flächen, und inzwischen Sogar als Top Notch des technisch machbaren mit besonderer Technik für verkittete Flächen, eine sehr gute Wirkung zeigt. Die Transmission ist dabei gar nicht das eigentliche Kriterium, denn selbst bei einem Linsenstapel von 9 Linsen in 5 Gruppen mit also 10 Glas-Luftflächen kommen bei gut anzunehmenden 99,5% Transmision pro Fläche noch 0,99510=95% Licht durch und 5% sind schon im direkten Vergleich nur schwer wahrnehmbar. Wobei allerdings noch die Lichtverluste im Glas hinzukommen, so dass zwischen einzelnen Okulardesigns schon recht erhebliche Unterschiede aufkommen. Aber, um beim Thema zu bleiben, tatsächlich relevant ist die Helligkeit von Reflexen, die nämlich schon sehr deutlich sichtbar werden können, da bei der Astronomie recht extreme Kontraste nicht gerade selten sind. Das muss nicht mal der Mond sein, den sicher jeder Beobachter schon einmal als blendend hell empfunden hat, sondern schon ein halbwegs heller Stern hat reichlich Kontrast zum dunklen Himmel. Objekte wie der Merope-Nebel in den Plejaden, Mirach's Geist (NGC 404, deren Name schon auf den englischen Begriff für Reflexe, nämlich Ghosts bzw. Ghosting anspielt) oder Sirius B gehen leicht im Streulicht unter. Während also der Unterschied zwischen 99% und 99,5% Transmission nur ein halbes Prozent ist, macht es eben um 50% dunklerer Reflexe, und das macht in den geschilderten Fällen deutliche Unterschiede.

Kasai 9mm HC Ortho
Fully Multi-Coated, das ist heute eigentlich Standard.

Betrachtet man sich aber nun die Thematik genau findet man heraus, dass gerade im Bereich der geforderten Spitzentransmission nicht einfach eine sehr gute Vergütung angebracht ist, sondern eine Vergütung wird nur dadurch sehr gut, dass sie für das jeweilige Glas-Substrat und dessen Brechungseigenschaften angepasst wird. Eigentlich wird die Vergütung sogar speziell für den Fall "Glas-Luft-Fläche" gerechnet, denn im Vakuum beispielsweise ändert sich die Brechkraft, weil der Übergang eben dann nicht mehr der zwischen Luft mit ihrer optischen Dichte und dem Glas mit seiner optischen Dichte stattfindet. Wer eine superentspiegelte Brille einmal unter Wasser wäscht, kann sehr schön sehen, wie die zumeist grüne "Superentspiegelung" unter Wasser die Farbe wechselt, zum Beispiel nach Violett. Auch hier ändert sich das Verhältnis der optischen Dichte zwischen Linse und Umgebung, und schon verhält sich die Vergütung etwas anders. Sie muss also angepasst sein für das jeweils verwendete Glas und so brauchen auch die unterschiedlichen (und in der Werbung gern betonten) Sondergläser in Okularen und Objektiven eine jeweils andere Feinabstimmung als die Nachbarlinsen mit jeweils anderer Glassorte. In einem Okular kann es gut und gerne sein, dass jede Linse ein anderes Substrat haben muss - und schon muss für jede einzelne Linse die optimale Vergütung eigens berechnet werden. Insofern kann man auch folgern, dass eine wie auch immer genannte Vergütung nicht auf jeder Linse gleich wirksam sein kann.
Wenn ein Hersteller mit einer speziellen Vergütung wirbt, dann kann das seriös eigentlich nur eine Art Zusage, eine Spezifikation sein, die der Hersteller einzuhalten garantiert. Also ein selbst auferlegtes Qualitätsversprechen. Da ist die Angabe einer Art Peak-Wellenlänge mit optimalsten Eigenschaften eher nur ein kleines Ding, denn was nützen 99,98% Transmission bei 460nm, wenn diese Spitze so eng begrenzt ist, dass die optimierte Vergütung bei fotografisch interessanten 656nm oder für die visuell spannende OIII-Linie bei ca. 500nm schlechter abschneidet, als eine Einschicht-Blauvergütung aus MgF2? Es solte schon eine Zusage her, die klingt wie mehr als 99% im gesamten visuellen Bereich zwischen 400nm und 700nm. Und wer macht das?
Da heißt es nun zu Googlen, und das fällt mager aus:

"Per-surface light transmission of the correcting lens is thereby increased at the yellow wavelength of 580nm., for example, to 99.8%, versus a per-surface transmission of 98.7% for the standard coating." [1]

heißt es da bei Meade und diese Passage bezieht sich auf die verbesserte Vergütung jener Linsenelemente, die z.B. als Schmidtplatte in SCs mit UHTC-Option verbaut sind, während das Standard-Coating wohl jene Mehrschichtvergütung ist, die bei Meade normalerweise als EMC-Coating angesprochen wird. Explizit erwähnt wird das allerdings nicht.

SMC - Der Name für den Standard bei Pentax
SMC auf einem Pentax XL: Pentax macht Angaben zum Super Multi Coating und scheut sich auch nicht,
Transmissionswerte zu den Okularen der aktuellen XW-Serie zu veröffentlichen.

Bei Pentax scheint man sich selbst verwirren zu wollen. Zum einen heißt es, dass Pentax' SMC-Coating über die Jahre auch verbessert wurde, dass es aber auch neuere Technologien wie HD-Coating (2012) und Aero Bright coating gebe. [2] Aber natürlich gibt es da auch noch ein Super Protect Coating aus dem Foto-Bereich. Immerhin findet man bei Pentax’ neuem Hausherrn Ricoh so nebenbei eine Angabe, wie sich Pentax ein konventionelles Multicoating vorstellt. [3] Offen bleibt dabei, ob das gezeigte Diagramm eine linare Achsenskalierung, oder eine logarithmische hat, die nämlich in dem gezeigten Kurvenverlauf die Verbesserung der Transmission dem unbedarften Betrachter gegenüber überbetonen würde. Zu den Eigenschaften der SMC-Vergütung bleibt Pentax vage:

Super Multi Coating is the benchmark of all PENTAX lenses. SMC describes the high quality coatings applied to the lens elements. This consists of seven microscopically thin layers. The light loss at the lens surface, between air and glass, is reduced from 4% to 0.2% [4]

Die 4% sind der Standardwert für eine Einschicht-Vergütung aus meist MgF2, nicht der Standard für eine deutlich bessere Mehrschicht-Vergütung, die  - außer auf Brillengläsern  - heute für "nen Appel und nen Ei" auch bei einem 25 Euro Plössl auf immerhin vier Linsenflächen vorzufinden ist. Was Pentax allerdings liefert, sind Transmissionskurven für ganze Okulare, nämlich für jene der XW-Reihe. Und das sind wirklich gute Werte. [7]

HT-Multicoating auf einer Q-Turret Barlow
HT-multicoated - ach herrjeh, das gibt’s ja auch noch: Auf der Baader Q-Turret-Barlow.

Baader erklärt so nebenbei auf seinen Filter-Seiten, was mit Phantom Group Coating gemeint ist, und diese Erklärung ist gar nicht mal schlecht, denn sie geht sowohl auf die Physik, als auch auf die speziell bei Filtern mögliche Optimierung auf die gewünschte Wellenlängen ein:

Baader Phantom Group Coating™
Dieses von Baader Planetarium entwickelte Verfahren ist eine 7-lagige Breitbandentspiegelung mit extrem geringer Restreflexion. Die Bezeichnung "Group" weist darauf hin, dass für jede einzelne Glassorte der Filter das jeweils effektivste Entspiegelungs-Schichtsystem gerechnet wurde.
Das bedeutet, dass sich auch die Entspiegelungsschichten der verschiedenen Farbfilter voneinander unterscheiden. Sie sind immer so berechnet, dass sich für die jeweilig gefilterte Farbe maximale Transmissionswerte ergeben.
Die beidseitig 7-lagige Entspiegelung mit nur 0,25% Restreflexion pro Fläche stellt das aufwendigste an Vergütung (= Entspiegelung) dar, das jemals für Farbfilter unternommen wurde
. [8]

Phantom Group Coating von Baader
Phantom Group Coating - was heißt das noch grad?

Ansonsten sieht's halt eher Mau aus. STM wird uns von Williamoptics noch übersetzt als "special super-high transmission coating", Explore Scientific verrät uns noch nicht einmal, was EMD überhaupt bedeuten soll. Beim Begriff T* hat sich Zeiss seinerzeit wohl nicht überlegt, dass es  sich 50 Jahre später schlecht googlen lassen würde, und außer einem eher künstlerisch erzeugten Vergleichsbildchen auf einer Feldstecherseite ist nichts technisches so einfach zu finden.

STM Coated - Das Objektiv eines Megrez 110/655
STM heißt also Super-High Transmission. Absolut einleuchtend!

Zum StarBright XLT von Celestron gibt es eine Info-Seite, die sich ähnlich wie jene zum UHTC bei Meade mehr auf die Spiegelbeschichtung bezieht  - welche nun einmal genau das Gegenteil tut, wenn auch zuweilen mit derselben Technologie, nämlich dielektrischen Beschichtungen. Für den typischen SC-Korrektor gibt es immerhin die Angabe von 97.4% Gesamt-Transmission, also ein Wert, in dem neben zwei vergüteten Flächen auch die Absorption im Glas ihren Anteil hat. Als Spezifikation für den Leistungsstandard einer Vergütung nicht zu gebrauchen. [9]

Will man also etliche Stunden Suchmaschinennutzung zusammenfassen, so stellt man fest, dass es zwar inzwischen sehr gute Vergütungen geben muss, was man immerhin auch durch unabhängige Transmissionsmessungen für ganze Okulare belegen kann, aber auch, dass die bunt schillernde Vergütung nun genauso bunt aber eben eher undurchsichtig beworben wird.

[1] http://www.meade.com/catalog/uhtc/index.html
[2] https://www.pentaxforums.com/reviews/hd-pentax-limited-primes/introduction.html
[3] http://www.ricoh-imaging.eu/en/press-release-new-lens-HD-coating.html
[4] https://www.ricoh.co.in/sites/www.ricoh.co.in/files/lens.pdf
[5] https://www.dpreview.com/forums/post/52193986
[6] http://www.lenstip.com/129.1-article-Colour_rendering_in_binoculars_and_lenses.html
[7] http://pentaxplus.jp/archives/tech/xo-xw/63.html
[8] http://www.baader-planetarium.com/de/baader-farbfilter-einzeln-(blau-hellblau-grün-gelb-rot-orange).html
[9] https://www.celestron.com/pages/starbright-xlt-optical-coatings
 

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