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Welches Teleskop eignet sich für Beobachtungen aus der Stadt?

Hofbeobachtung mit einem Refraktor in einer schönen Sommernacht.
Was hier so romantisch das Teleskop beleuchtet
ist zum Großteil Störlicht der Straßenbeleuchtung.

Natürlich kann man eigentlich jedes Teleskop in der Stadt benutzen. Daher stellt sich vielmehr die Frage, welche Eigenschaften für ein in der Stadt aufgestelltes Teleskop besonders wichtig sind. Viele erfahrene Sternfreunde machen dazu eher undifferenzierte Angaben, wie zum Beispiel "mehr als 150mm Öffnung funktionieren gar nicht". Bei näherer Betrachtung stellt sich das übrigens als Unsinn heraus. Aber der Reihe nach...

Was sind die besonderen Bedingungen, für die ein "Stadt-Teleskop" oder "Balkon-Teleskop" geeignet sein muss? Nun, der erste Gedanke ist meistens derjenige, dass es auf einer Balkonsternwarte nicht richtig dunkel ist. Gegen Licht aus der eigenen Wohnung lässt sich meistens etwas machen, aber gegen Licht aus der Nachbarschaft und von schlecht ausgelegten Straßenbeleuchtungen lässt sich nur mit großen Schwierigkeiten etwas ausrichten. Auch wenn der eigene Garten gut gegen direkte Lichtquellen abgeschirmt ist, beeinträchtigt die allgemeine Aufhellung des Himmelshintergrundes, die sogenannte Lichtglocke über der Stadt, die Beobachtungen. Da man ein Teleskop zu astronomischen Zwecken sowieso nicht direkt auf eine Straßenlaterne richtet, fällt deren Licht ohnehin nicht direkt ins Teleskop. Die Aufhellung des Himmelshintergrundes ist somit vielmehr die eigentliche Störquelle, wenn es um Lichtverschmutzung in oder im Umfeld der Stadt geht.

Als Beobachter sollte man übrigens die direkt sichtbaren Lichtquellen in der Umgebung als ernstes Problem sehen, jedenfalls wenn man lichtschwache Himmelsobjekte beobachtet. Dazu braucht man als Beobachter nämlich unbedingt eine Dunkeladaption. Ganz einfach gesprochen muss sich das Auge an die Dunkelheit gewöhnen. In Wahrheit ist das aber kein Gewöhnungsprozess, so wie man sich an kaltes Wasser im Freibad gewöhnt, sondern es ist ein chemischer Prozess, bei dem im Auge auf der Netzhaut eine besonders lichtempfindliche Substanz, das Rhodopsin, auch Sehpurpur genannt, gebildet wird. Da Rhodopsin besonders Lichtempfindlich ist, geht es durch helles Licht im Auge fast blitzartig verloren. Da braucht es keine Feuerzugflamme, sondern es reicht schon der Funke vom Feuerstein. Rhodopsin ist aber unempfindlich gegen tiefrotes Licht, wenn es nicht zu hell ist. Darum nutzen Sternfreunde rote Kartenlampen. Wer in der Stadt beobachtet, kann sich mit einer roten Laserschutzbrille etwas abschirmen. Gegen seitliche Lichtquellen schirmen diese Brillen aber nicht gut ab und zur Beobachtung muss man sie abnehmen. Dann kann man sich unter einem lichtdichten Tuch, dem Beobachtungstuch “verstecken”. Die Kunst ist es, die eigene Atemluft unter dem Tuch weg zu bekommen, damit die Okulare nicht beschlagen. Wer unter einem solchen Tuch beobachtet, bemerkt schon binnen weniger als fünf Minuten, wie sich die Dunkeladaption verbessert. Eine vollständige Adaption braucht gut 20 Minuten in wirklich sehr tiefer Dunkelheit - in der Stadt kaum zu erreichen. Beim hantieren ist man dauernd irgendwelchen Lichtquellen ausgesetzt. Beobachtet man allerdings helle Objekte, den Mond und die Planeten, dann ist das Bild im Teleskop ohnehin so hell, dass man keine Dunkeladaption braucht. Da man durch deren helle Erscheinung im Teleskop auch leicht etwas geblendet werden kann, hilft bei solchen Beobachtungen sogar eine beleuchtete Umgebung.  Das kann eine Hofbeleuchtung sein oder man hat hinter dem Balkonfenster das Licht an. Das Licht sollte aber nicht direkt ins Teleskop fallen, da man dann störende Reflexe oder einen störenden Grauschleier ins Bild bekommen kann.

Es gibt eine weitere Störquelle in der Stadt und zwar sind dies die zahlreichen Wärmequellen und die großen Temperaturunterschiede in bebautem Gebiet: Das sind beheizte Gebäude, Abgase aus Schornsteinen, tagsüber erwärmte Häuser und versiegelte Flächen, Fahrzeuge, und so weiter. Sie kühlen Nachts aus und geben ihre Wärme zu einem großen Teil an die Umgebungsluft ab, die daraufhin aufsteigt und sich mit kälterer Luft vermischt. Die Folge ist sogenannte Luftunruhe. Durch den Dichteunterschied zwischen warmer und kalter Luft kommt es zu einer geringen Lichtbrechung, die man mit bloßem Auge als das Funkeln der Sterne wahrnimmt, die aber im Teleskop vergrößert wird und hier wie die Störung einer bewegten Wasseroberfläche wahrzunehmen ist. Man spricht hier vom Seeing, wobei schlechtes Seeing eben viel Luftunruhe bedeutet. Hier ist der Aufstellungsort für ein Teleskop durchaus ein entscheidender Faktor: Bereiche, in denen viel Wärmeaustausch stattfindet, sind schlecht. Das sind also beheizte Gebäude, asphaltierte oder gepflasterte Flächen, aber auch Autos. Rasenflächen, Parks, auch Wasserflächen, aber besonders Wald dämpfen hingegen den Wärmeaustausch. Hier ist also eine Rasenfläche eindeutig Balkon oder Terrasse vorzuziehen. Auf einem Balkon muss man natürlich damit leben, aber man kann auch da, ähnlich wie beim Licht, selbst verursachte Störquellen minimieren: Balkontüre und nahe Fenster sollten geschlossen sein, und auf offene Wärmequellen wie einen Grill sollte man verzichten - jedenfalls wenn das Teleskop nicht nur eine nette Nebensache beim Grillabend sein soll. Auch das wäre erlaubt, man sollte dann nur nicht zuviel erwarten. Luftunruhe stört vor allem die Hochvergrößerungsfähigkeit des Teleskops. Das heißt, dass Beobachtungen mit wenig Vergrößerung viel weniger gestört werden. Nahe am Grill vorbei sieht man das Flimmern der warmen Luft ja schon mit bloßem Auge, also bei einfacher Vergrößerung.

Ein Balkon-Teleskop muss vor allem mit dem Platz auf dem Balkon auskommen.
Die Beobachtung vom Balkon aus hat auch Annehmlichkeiten.

Aus diesen Beschreibungen heraus lässt sich bereits erahnen, dass die beiden recht unterschiedlichen Störquellen, Lichtverschmutzung und Luftunruhe, gegeneinander abgewogen werden müssen und je nach Beobachtungsziel zu ganz anderen Lösungen für ein "Stadt-Teleskop" führen. Daher ist ein pauschaler Bezug auf nur ein Kriterium unmöglich und unsinnig. Insbesondere die eingangs benannte und leider oft gehörte Einschränkung, dass ein Teleskop nicht mehr als 6 Zoll Öffnung haben dürfe, erweist sich als schlicht falsch. Sie ist so häufig, dass sie hier gezielt widerlegt werden soll:
Der Ursprung dieser Größenbegrenzung stammt aus der begrenzten Nutzbarkeit hoher Vergrößerungen bei starker Luftunruhe. Es ist durchaus richtig, dass man aus der Stadt heraus 200-fache Vergrößerung vergleichsweise selten anwenden kann. Stellt man die Teleskopauswahl somit rein auf die denkbare Maximalvergrößerung je nach Öffnung ab, so könnte man tatsächlich schließen, dass 200-fache Vergrößerung ja bereits mit 140mm Öffnung gut erreichbar ist, und das mehr Öffnung somit gar nicht von nöten wäre. Ein falscher Umkehrschluss, denn: Zum einen lassen sich auch deutlich größere Teleskope problemlos mit dieser Vergrößerung betreiben, und es ist auch immer wieder aus der Stadt heraus deutlich und erheblich mehr Vergrößerung möglich. Nur sind vor allem die Momente und ein wenig auch die Tage an denen dies geht, seltener. Das heißt es kann gut sein, dass man bei 300-facher Vergrößerung eine Minute auf einen guten Moment von einigen Sekunden warten muss, in dem die Luftunruhe mal etwas "stille hält". Das mag einem nicht sehr effizient vorkommen, und wäre es vielleicht auch nicht, wenn nicht die größere Öffnung noch erheblich mehr Vorteile böte.

Marsbeobachtungen gehen auch aus der Stadt.Mars mit einem 180mm Maksutov Cassegrain aufgenommen - Hinterhofbeobachtung.
Planetenbeobachtung aus der Stadt? Geht jawohl!
Links: Mars mit C8N 200/1000 am 30.8.2020.
Rechts: Mars mit 180/2700 Maksutov-Cassegrain am 20.9.2020.

Zum einen geht eine größere Öffnung immer einher mit mehr erkennbaren Sternen. Man kann berechnen (und einige Online-Grenzgrößenrechner dazu befragen), dass der Gewinn an sichtbaren Stern-Größenklassen von der freiäugig sichtbaren Grenzgröße und der Teleskopöffnung abhängt. Man kann also den Verlust an freiäugig sichtbarer Sterngrenzgröße durch mehr Telesköffnung kompensieren. Viele spannende Beobachtungsobjekte bestehen aus Sternen. Das können zufällige Sternmuster, sogenannte Asterismen sein, aber auch Sternhaufen. Diese Objekttypen profitieren automatisch von mehr Öffnung, da sie sich dann überhaupt erst in Ihrer Natur zeigen können. Mit zu wenig Öffnung beobachtet, bleiben viele Sternhaufen milchige Fleckchen, die sich kaum oder auch schlicht gar nicht vom aufgehellten Himmelshintergrund abheben. Mehr Öffnung ist also ein erheblicher Vorteil. Vergrößert wird dabei gar nicht so stark. Der Unterschied zwischen 300mm und 200mm Öffnung zeigt sich schon bei 50-facher Vergrößerung. Der milchige Fleck wird erst fleckig, mit noch mehr Öffnung oder auch mehr Vergrößerung löst sich das Wölkchen in zahllose Sterne auf.
Zum anderen bedeutet mehr Öffnung also auch, dass man schwache Objekte bei gleicher Bildhelligkeit stärker vergrößern kann. Auch neblige Objekte sind - jedenfalls wenn sie ausreichend scharf begrenzt und ihre Strukturen nicht größer als der Bildausschnitt sind - mit mehr Vergrößerung  leichter zu erkennen. Das ergibt aber auch Vergrößerungsreserven, um mit Nebelfiltern zu arbeiten. Diese Filter sprechen auf sogenannte Emissionsnebel an. Grob gesagt solche Nebel, die auf Fotos zu bunten Farben führen. Besonders Nebelfilter gegen einen stark aufgehellten Himmelshintergrund, sogenannte Linienfilter wie [OIII] und Hß, kosten immer auch den Nebel spürbar an Helligkeit. Auch dafür hat eine größere Teleskopöffnung mehr Reserven.
Da somit leider die gängigste Empfehlung, nämlich ein eher kleines Teleskop zu beschaffen, schlicht vom Tisch ist, ist es angebracht, wünschenswerte Leistungsmerkmale zusammenzustellen, auf deren Basis man eine fundierte Empfehlung aussprechen kann.

Das "Ollerboard" erlaubt es, dass Teleskop auf dem Fenstersims von (ständig) unbeheizten Räumen (Dachboden) unterzubringen.
Beobachtung aus der Stadt bedeutet nicht immer “man kann” sondern oft “man muss” -
in diesem Falle mit einem Dachfenster zurecht kommen:
127/1900 Bresser Maksutov Cassegrain.

Kompaktheit

Besonders auf einem beengten Balkon kann eine kompakte Bauweise wichtig sein. Ein kompaktes Teleskop muss nicht unbedingt eine kleine Öffnung haben. Cassegrain-Teleskope, darunter Maksutov- und Schmidt-Cassegrains, sorgen für eine kurze Baulänge trotz viel Öffnung. Es kann dabei eine wichtige Rolle spielen, dass der Einblick ins Teleskop auch von hinten und nicht etwa vorn seitlich erfolgt. Beim Blick über eine Balkonbrüstung nicht ganz unwichtig. Steht man mit dem Gerät eher auf einem freien Platz im Umfeld des Hauses, ist Kompaktheit vergleichsweise unwichtig. Das ist insbesondere deshalb zu bedenken, weil die Geräte durch die größere Anzahl an optischen Flächen und den komplexeren Aufbau eben auch spürbar teurer sind.

Öffnung

Tatsächlich gibt es keine wirkliche Beschränkung für die Teleskopöffnung und selbst für heutige Begriffe extreme Öffnungen wie 50cm lassen sich aus der Stadt einsetzen.  Bei schwachen Objekten ist mehr Öffnung eigentlich immer von Vorteil. Beobachtet man aber die hellen Planeten, also Merkur, Venus, Mars und Jupiter, wird die Helligkeit der Planeten störend, wenn man durch Luftunruhe nicht die volle Vergrößerungsfähigkeit des Teleskops nutzen kann - was natürlich für Beobachtungen an jedem Standort gilt. In dem Fall sollte man die Bildhelligkeit durch den Einsatz von Graufiltern dämpfen. Halbiert man die Vergrößerung, vervierfacht sich die Bildhelligkeit und man kann das mit einem 4× Graufilter (ND 0,6) kompensieren. Mond, Mars und Jupiter werden meist bei einer Vergrößerung angenehm empfunden, die etwa das zweifache der Öffnung in Millimetern beträgt. Das Blendempfinden ist dabei je nach Beobachter, aber auch je nach Helligkeit der Umgebung unterschiedlich.  Bei gutem Visus wirkt das Bild bei etwa dem Anderthalbfachen der Teleskopöffnung in Millimetern schärfer.  Den Zuwachs an Bildhelligkeit kompensiert ein 2× Graufilter. Verwendet man als Vergrößerung nur etwa das 0,7-fache des Öffnungsdurchmessers, kann bereits ein 8× Graufilter (ND 0,8) angebracht sein. Wer es stufenlos wünscht: Variable Graufilter lassen sich durch Verdrehen zweier Polfilter gegeneinander in der Helligkeit etwa zwischen 1% und 40% Durchlass einstellen, das entspricht somit Filterfaktoren von 2,5× bis 100×.
Natürlich nützt es wenig, ein großes Teleskop zu kaufen, nur um dann andauernd die Vergrößerung zurücknehmen zu müssen. 200mm Öffnung lassen sich aber fast immer gewinnbringend einsetzen. Mehr Öffnung ist dann eher etwas für Deepsky-Beobachter, die also Sternhaufen und Nebel beobachten wollen. Es ist aber kein Problem, mit solchen Geräten einen Blick auf Mond und Planeten zu werfen. Bei richtigem Umgang (Belüftung, Isolierung, Auskühlzeit) stehen sie kleinen Teleskopen nicht nach.
 

Öffnungsverhältnis (Brennweite)

Auf Balkonen ist nicht immer viel Platz.  Man kann sich damit arrangieren. Hier ist ein selbst gebauter 150/750 im Einsatz, der eine Überlänge als Tau- und Störlichtkappe hat.
Balkonbeobachtung ist keineswegs auf kleine Teleskope beschränkt. Hier ein 150/750 Newton als Dobson.
Das Selbstbau-Gerät hat zur besseren Störlicht-Abschirmung einen überlangen Tubus.

Das Öffnungsverhältnis erhält man, wenn man die Öffnung eines Teleskops durch seine Brennweite teilt. Es wird als Bruch angegeben. f/10, gesprochen „f zu zehn" oder kurz "f-zehn“ bedeutet zehn mal mehr Brennweite als Öffnung. Eine große Brennweite im Verhältnis zur Öffnung, und damit ein kleines Öffnungsverhältnis, bedeutet normalerweise, dass die Teleskopoptik toleranter bezüglich Justage und Produktionstoleranzen reagiert. Man spricht z.B. bei f/15 von einem „entspannten Öffnungsverhältnis", während f/4 große Anforderungen an Justagegenauigkeit und die optische Qualität des Zubehörs stellt. Ein großes Öffnungsverhältnis führt aber zu kurzen Belichtungszeiten bei der Fotografie und es erlaubt dem visuellen Beobachter bei Minimalvergrößerung einen großen Himmelsausschnit zu überblicken. Bei Minimalvergrößerung (das ist etwa Öffnungsdurchmesser in Millimetern geteilt durch 7) erreicht man außerdem die größte Bildhelligkeit. Dabei wird das Störlicht der Stadt stören, indem der Himmelshintergrund im Okular hellgrau wirkt. Schwache Objekte heben sich davon nicht mehr gut ab und werden leicht übersehen. Daher kann man aus der Stadt auch ganz bewusst auf diese geringen Vergrößerungen verzichten. Ein Teleskop mit f/15 bräuchte ein 105mm Okular zum Erreichen der Minimalvergrößerung, ein Gerät mit f/10 ein 70mm Okular. Im zwei Zoll Einsteckdurchmesser sind 60mm Okulare bereits selten, mit eineinviertel Zoll Einsteckdurchmesser endet das Okularangebot etwa bei 40mm. Diese Einschränkung stört aus der Stadt dann weit weniger, als unter dunklem Himmel. Für visuelle Beobachter stellt ein Öffnungsverhältnis von f/6 daher einen guten Mittelweg dar. Wie an anderer Stelle dargelegt, kann man mit einem 4mm Okular eine gute Maximalvergrößerung erreichen, während man mit einem 40mm Okular im zwei Zoll Einsteckdurchmesser den größtmöglichen Himmelsausschnitt bei Minimalvergrößerung überblicken kann. Etwas Abweichung davon ist aber meist eher unproblematisch. Man wird sowohl ein f/5-Teleskop wie auch ein f/7-Gerät genauso zu schätzen wissen. In der Stadt ist aber aufgrund des zu erwartenden Störlichts ein kleineres Öffnungsverhältnis, also durchaus f/7 bis f/10, mit weniger praktischen Einschränkungen verbunden, und auch f/15 sind gut einsetzbar.

Kleine Öffnungsverhältnisse in kompakter Bauform findet man insbesondere bei Spiegelteleskopen in den verschiedenen Varianten der Cassegrain-Bauart. Am ehesten anzutreffen sind Maksutov-Cassegrains und Schmidt-Cassegrains (kur MC bzw. SC), oder deren Nachfolger, die beispielsweise als ACF oder Edge-HD vermarktet werden. Die kompakten Geräten sind wunderbar tauglich, um auch auf einem relativ engen Balkon 200mm Öffnung unterzubringen. Zuweilen findet man sogar Optiken mit 10 Zoll bis 12 Zoll auf Balkonen. Bei 11 Zoll Öffnung (280mm) ist ein SC nur etwa 60cm lang. Wie schon erwähnt, kostet diese Kompaktheit aber einen gewissen Aufpreis.

Allgemeine optische Eigenschaften

Man möchte eigentlich, dass ein Teleskop eine gute Abbildung liefert. Gut, das bedeutet, dass ein Stern als ein feiner, am besten undefinierbar kleiner Punkt wiedergegeben wird. Das sollte ideal zwischen Minimalvergrößerung und etwas weniger Vergrößerung als der Teleskopöffnung in Millimetern der Fall sein. Beim Anderthalbfachen der Teleskopöffnung wird man Sterne bei normalem Sehvermögen unweigerlich als kleine Scheibchen erkennen, die je nach Helligkeit von einem Beugungsring umgeben sind. Alle Abweichungen von diesem Idealbild sind problematisch. Teleskope mit einem Farbfehler, korrekter einem „Farblängsfehler" können nicht alle Lichtfarben auf den besagten Sternpunkt fokussieren. Die Schärfepunkte für blaues und rotes Licht weichen ab, wodurch bei idealem Fokus das Sternscheibchen mehr zitrongelb bis gelb wird, umgeben von einem blauen bis violetten Saum. Sternscheibchen, die schon bei weniver als der genannten Vergrößerung nicht mehr punktförmig erscheinen - ein schlechtes Okular zur Betrachtung sei dabei einmal ausgeklammert - können durch sphärische Aberration der Optik hervorgerufen werden. Das bedeutet, dass der Schliff der Optik nicht die optimale Krümmung erreicht hat. Man spricht dabei auch von Über- oder Unterkorrektur. Optiken, die nicht gleichmäßig rund sind, zeigen Astikmatismus. Dabei wird der Stern länglich und beim fokussieren über den besten (aber niemals guten) Schärfepunkt hinweg dreht sich die Achse um 90°.  Astigmatismus kann auch durch Verspannung verursacht werden. Verspannung an zum Beispiel drei Auflagepunkten bewirkt dreieckige Sterne oder Lichtausbrüche. Dejustage erkennt man meist an Astigmatismus und auch an schweifartigen Lichtausbrüchen aus den Sternpunkten, was man meist als Koma bezeichnet. Ist der Schärfepunkt in der Bildmitte ein anderer, als am Rand, so spricht man von Bildfeldwölbung. Da auch Okulare eine Bildfeldwölbung haben, kann die Harmonie zwischen Okular und Teleskop entscheidend für eine gute Abbildung sein. Teleskope mit einem geebneten Bildfeld eignen sich daher nicht nur für eine gute Abbildung auf Bildsensoren (CCD- oder CMOS-Chips), sondern sie harmonieren auch mit Okularen, die ein geebnetes Bildfeld haben - jedenfalls wenn das nicht nur dem Namen nach der Fall ist.

Diese Mondlandschaft wurde mit einem betagten iPhone 6s vom Okular abfotografiert bei 294-facher Vergrößerung, freihändig, vom Garagenhof aus - was laut manchen "Experten" gar nicht geht.
Mond vom Hinterhof aus:.
Der Mondkrater Copernicus und Umgebung
bei 294-facher Vergrößerung mit dem Smartphone vom Okular abfotografiert.

Die meisten Teleskop-Bauarten zeigen in der Bildmitte am wenigsten Bildfehler oder gar eine perfekte Abbildung, während dann zum Rand hin gerne eine Mischung aus Bildfeldwölbung, Astigmatismus und Koma auftritt. Visuelle Beobachter sollten dabei immer bedenken, dass eine schlechte Abbildung am Bildrand sehr oft auch von einer schlechten Okularwahl verursacht ist.

Preis

Man kann sich denken, dass eine Optik mit perfekten Abbildungseigenschaften einen hohen Preis hat. Im Allgemeinen ist der Preis umso höher, je größer das Öffnungsverhältnis ist. Das heißt ein perfekt abbildendes f/10-Teleskop ist meist erheblich einfacher zu berechnen und zu fertigen, als ein f/5-Teleskop gleicher Bauart.

Ein direkter Preisvergleich zwischen unterschiedlichen Bauarten ist für den Anfänger sehr schwer, denn aufgrund der verschiedenen Eigenschaften ist es nicht automatisch so, dass ein Teleskop für 1000 Euro mehr zeigt, als eines für 400 Euro. So ist ein Linsenteleskop, ein sogenannter Refraktor, schon deshalb teuer, weil ein Objektiv heutzutage mindestens aus zwei, immer öfter aber auch aus drei oder gar vier Linsen aufgebaut ist. Jede Linse bedeutet aber zwei Flächen, die nicht nur jede für sich sondern auch jeweils zueinander optisch exakt geschliffen sein müssen - und auch die Dicke der Linse muss stimmen. Die Linsen müssen zueinander ausgerichtet gefasst werden. Wenn diese Ausrichtung im Alltagseinsatz „verloren“ gehen kann, muss die Fassung eine spätere Justage zulassen. Hinzu kommt, dass zur Vermeidung eines Farblängsfehlers ein Refraktorobjektiv besondere Glaspaarungen benötigt, also Gläser mit besonderen Eigenschaften, die meist nur kurz als SD oder ED Glas bezeichnet werden.  Zeigen dieser geräte keinen sichtbaren Farbfehler und auch sonst eine sehr gute Abbildung über ein großes Bildfeld, nennt man sie APO. Demgegenüber hat ein Newton-Teleskop nur zwei Flächen, von denen der Hauptspiegel den vollen Öffnungsdurchmesser hat und der Fangspiegel grob zwischen 15% und 30% des Durchmessers. Schon die zu polierende Fläche ist erheblich kleiner. Allerdings muss bei der Spiegelung von Licht doppelt so genau poliert werden, wie bei der Lichtbrechung. Dafür wiederum ist es kein Problem, wenn die Spiegeloberfläche 1/10mm schief zur Spiegelrückseite liegt. Das wird durch Justage ausgeglichen. Tritt zwischen Vorder- und Rückseite einer Linse ein solcher Unterschied auf, gleicht dies einer optischen Katastrophe.

Ein 200/1000 Dobson mit Push-To. Solche Aufsuchhilfen sind sehr wertvoll - aber nicht teuer - wenn man in der Stadt kaum Orientierungssterne sieht.
Auch aus der Stadt heraus zählt für Deepsky-Beobachter vor allem eines:
Öffnungsdurchmesser, und zwar viel davon. Hier ein 200/1000 Newton mit Push-To.

Spätestens mit etwa 200mm Öffnungsdurchmesser werden Refraktoren, insbesondere  APOs, exorbitant teuer. Schon mit 150mm Öffnung bemerkt man aber, dass sie aufgrund von Gewicht und Baulänge, sowie durch den Einblick von unten, ziemlich große Montierungen brauchen.

Gute Kompromisse

Wer für die Beobachtung möglichst vielseitig aufgestellt sein will, sollte sich nicht scheuen, ein Teleskop mit 150mm Öffnung oder mehr anzustreben. Solche Geräte müssen überhaupt nicht exorbitant teuer sein. Preislich geradezu ein Einstiegsgerät wäre ein Dobson 150/1200, der auf einem f/8 Newton-Teleskop basiert. Die Geräte müssen normalerweise von Hand dem Himmel nachgeführt werden. Leider gibt es einige Modelle, die nur Okulare mit 1,25 Zoll (31,8mm) Einsteckdurchmesser aufnehmen. Man sollte lieber ein Gerät mit 2 Zoll (50,8mm) Einsteckdurchmesser wählen, weil man damit bei kleiner Vergrößerung einen größeren Himmelsausschnitt überblicken kann.

Eine sehr gute Alternative ist der Volks-Dobson mit 200mm Öffnung und 1200mm Brenweite, kurz der 200/1200.  Diese Geräte gibt es sogar motorisiert mit einer Goto-Computersteuerung.  Die Dobsons sind in etwa so lang wie ihre Brennweite. Das heißt 150/1200 und 200/1200 sind fast exakt gleich lang. Erweisen sie sich als zu sperrig, wird man vielleicht lieber auf eine kompakte Optik zurückgreifen wollen. Eine günstige Optik ist dann der 150/750 Newton, der also beinahe nur halb so lang ist, wie die beiden Dobsons. Da der 150/750 ein Öffnungsverhältnis von f/5 hat, sollte man sich Hilfsmittel zur Justage besorgen, da sonst die Abbildung bei hoher Vergrößerung nicht gut ist. Ein Concenter oder ein Justierlaser sind brauchbare Hilfsmittel. Wer den Concenter richtig verstanden hat, kann die Justage allein damit erledigen.

Push Plus150/750 Newton
Den 150/750 Newton findet man auch als kleinen Dobson, hier mit Push-To Orientierungshilfe.

Schaut man am Markt nach günstigen 150mm Newtons, trifft man leider auch Cat-Newtons an, die meist mit 150/1400, also 150mm Öffnung und 1400mm Brennweite angegeben sind. Ihr unverwechselbares Kennzeichen ist der Tubus, der grob halb so lang ist, wie die Brennweite. Theoretisch könnten diese Optiken einiges Leisten, aber leider wird das Optikprinzip (Kugelspiegel mit Jones-Bird-Korrektor) meist aufgrund billigster Fertigung nur miserabel umgesetzt.

150mm Öffnung mit guter Abbildungsqualität sind auch als Maksutov-Cassegrain, kurz Mak, oder Schmidt-Cassegrain (SC) zu haben - aber bereits mit einem deutlichen Preisabstand nach oben im Vergleich zu den oben genannten Newtons. Weil die Geräte so kompakt sind, werden sie auch gerne auf computerisierten Montierungen angeboten, was einen weiteren Aufpreis bedingt. Das kann in der Stadt gerade dann eine Hilfe sein, wenn man schwache Orientierungssterne nicht mit bloßem Auge erkennen kann. Größere Öffnungen sind natürlich ebenso möglich. Interessant sind gebrauchte Geräte, die womöglich keine Computernachführung, aber schon eine elektrische Motorisierung besitzen. Wer nämlich hauptsächlich Mond und Planeten beobachten will, der braucht keinen Computer, um sie aufzufinden. Die interessanten Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn sind unübersehbar hell. Nur Neptun und Uranus sind schwierig aufzusuchen, bieten aber auch außer ihrer jeweiligen Farbe kaum Beobachtungspotenzial für Optiken mit weniger als 12 Zoll Öffnung. Daher ist bei den beiden letztgenannten Planeten eher die erfolgreiche Suche das Ziel der Beobachtung. Verzichtet man also auf Goto und wählt ein älteres Gerät mit einfacher Motorisierung, kann man ganz gut ein gebrauchtes Schnäppchen finden. Dabei gilt: Optik wird nicht schlecht sondern allenfalls schlecht behandelt.

127mm Öffnung (5-Zöller). Viel Leistung auf wenig Platz. Das Teleskop ist so groß wie eine Kaffeemaschine.
Das Bild zeigt, wie transportabel ein 5” Mak (Skymax 127/1500) sein kann.

Ein Mak mit 127mm Öffnung ist noch etwas leichter zu tragen und hat auch ein gewisses Potenzial, ein Reisebegleiter zu sein. Aus Kostengründen wird er wohl eher selten die Lösung sein, denn dann bietet sich der oben genannte 150/1200 Dobson oder der 150/750 viel eher als Alternative mit ausgewachsenen 150mm Öffnung an.

Beim Refraktor scheiden sich die Geister. Gut bezahlbar ist er nur als Achromat und dann hat er mit 150mm Öffnung immer einen störenden Farbfehler, der sich bei der Planeten- und Mondbeobachtung als Nachteil erweist. Zur Beobachtung von Nebeln und Sternhaufen hat er hingegen wenig Nachteile, aber sein besonderes Potenzial für große Himmelsausschnitte bei schwacher Vergrößerung, kann er wegen des aufgehellten Stadthimmels hier kaum ausspielen. Ein ED-Apo mit 150mm Öffnung ist hingegen schon sehr kostspielig. Kleinere ED-Apos sind vor allem interessant, wenn man hauptsächlich fotografieren will und vielleicht nur nebenbei einmal durchschaut. Mit 80mm bis 110mm Öffnung hat man fotografisch schon ein großes Potenzial zur Ablichtung von hauptsächlich Nebeln und den größeren Sternhaufen. Sie sind auch hervorragende Teleskope zur Planetenbeobachtung - aber nur im Rahmen ihres Öffnungsdurchmessers, weshalb sie dann hinter den deutlich größeren Spiegeloptiken zurückstehen.

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