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Meyer Optik Orestegor 4.0/300

Orestegor 4/300

Zum Jahreswechsel 2002/03 erhielt ich diese lichtstarke 6x6 Optik. Das Gerät hat sozusagen Geschichte - nur wenige Exemplare wurden als Orestegor von Meyer Optik Görlitz vertrieben. Nachdem Meyer Optik 1968  ins Kombinat VEB Pentacon eingegliedert worden war, wurde die Optik unter Pentacon weitervertrieben und erfuhr im Lauf der Jahre nur einige kosmetische Korrekturen (Gummiarmierung, etc). Eine Optik solch hohen Alters musste natürlich zunächst einmal recht gründlich unter die Lupe genommen werden. Nach einiger sehr vorsichtiger Reinigungsarbeit stand fest, daß die einfach vergüteten Linsen in excellentem Zustand und ein entdeckter Belag kein Pilzbefall, sondern eher Flecken von Kondenswasser waren.

Auf den ersten Blick ist das Objektiv sehr robust, und das wirklich hohe Gewicht (über 2 Kg) bestätigt dies. Eine drehbare Schelle mit grossem Feststellknopf enthält das Stativgewinde in grosser Ausfertigung, bei mir mit eingeschraubtem Reduzierstück. Das ist durchaus notwendig, denn Freihändig ist diese Optik wohl nur von Bodybuildern handhabbar. Die Blende funktioniert nur manuell und stufenlos, enthält aber eine einstellbare Raste, um die gewünschte Blende blind zu finden. Ungewöhnlich ist die Position des Blendenrings weit vorn am Objektiv.
Mechanisch gelungen, weil praktisch spielfrei und dennoch leichtgängig, ist die ecellente Fokussierung - eine Leistung anbetracht des hohen Gewichts.
Die abnehmbare Sonnenblende aus Aluminium ist innen matt Lackiert und wird in das 95mm Filtergewinde geschraubt. Für Filter mit zusätzlichem Innengewinde kann sie also wieder aufgeschraubt werden, wodurch der Filter ebenfalls geschützt liegt. Leider konnte ich (wegen einer leichten Delle in der Sonnenblende) diese noch nicht abschrauben. Die Objetkivrückseite bietet keine Fassung für einen preiswerten Einschraubfilter kleineren Durchmessers. Schade, denn die Projektion auf 6x6 erfolgt durch ein Korrektorelement mit etwa 47mm freiem Durchmesser, der exakten Größe eines 2” Filterglases.
Der Kamera-Anschluß ist vielseitig: Mit einem Überwurfring wird der eigentliche Anschlußadapter verschraubt - üblicherweise ein Pentacon Six Bajonettanschluß, mit meinem Gerät erhielt ich aber auch eine M42-Anschlußglocke.
Der Gewindedurchmesser des vorderen Einschraubfilters lässt es schon erahnen: die rechnerischen 75mm Linsendurchmesser reichten den Feinoptischen Betrieben in Görlitz nicht aus. Das Orestegor hat eine 80mm Frontlinse, womit wir bei der Optik wären. Das eigentliche Objektiv ist ein ohne Luftspalt gefasster 2-Linser mit einem 3. Einzelelement dicht dahinter. In einigem Abstand findet sich die Blende, deren 19 Lamellen für eine stets annähernd runde Blendenöffnung sorgen. Eine feste Streulichtblende findet sich weiter hinten im Objektiv, worauf ein weiteres Korrektorelement aus 2 Einzellinsen, wie erwähnt mit etwa 47mm Durchmesser, folgt. Somit also 5 Linsen in 4 Gruppen. Alle Glas-Luftflächen sind einfach vergütet und ein deutlich schwächerer Reflex verrät die Glas/Glas-Fläche des Objektivs. Für Liebhaber dieser Optiken sei erwähnt, daß das 4.0/300 Sonnar aus dem Hause Carl Zeiss Jena eine andere Konstruktion aus 6 Linsen in 4 Gruppen ist. Das Sonnar begnügt sich auch mit dem rechnerisch notwendigen Linsendurchmesser. Wozu das Orestegor 80mm Öffnung erhielt, kann ich nur vermuten. Möglicherweise um Vignettierung durch den deutlichen Abstand zwischen Blende und Objektiv zu verhindern.
Bei etwa 38-facher Vergrößerung ließ die Optik auf einem Fotostativ ihren ersten Dachkantentest über sich ergehen. Es ist zunächst nicht leicht, die Optik zu fokussieren, das einfache Stativ wird mit dem Gewicht nicht fertig. Farbe ist deutlich erkennbar, aber die Abbildung ist dennoch scharf. Abblenden im Bereich zwischen 5,6 und 8 lässt die Farbe völlig verschwinden. Ohne das selbst ausprobiert zu haben, erhielt ich den Tipp, daß mit Hilfe eines UV-Filters der Blausaum beim fotografischen Einsatz deutlich verringert würde. Beim Einsatz am KB-Kamerasucher präsentiert sich ein excellentes Bild mit gleichmässiger ausgeleuchteter und scharfer Abbildung auf der recht feinen Mattscheibe meiner AE-1. Leider lässt sich der Fokus nicht weit genug herausdrehen, um einen Zenitspiegel verwenden zu können.

Die Optik bietet einige interessante Verwendungsmöglichkeiten. So bietet sich neben der fotografisch attraktiven Brennweite (M31, M33, Nordamerika, California, Cirrus,...) die visuelle Verwendung als lichtstarkes Richfield-Gerät an.

Orestegor - Objektivlinse

Umbauten
Die Optik bietet sich für den Astro-Einsatz an, allerdings schwebten mir einige Umbauten vor. Zunächst wäre es für die 6x6-Fotografie eine Bereicherung, wenn man einen 2” Filter hinter der Projektionslinse anbringen könnte. Leider gibt es dort kein passendes Gewinde und ein aufgeklebter Filter würde beim Fokussieren in der M-42-Glocke anstossen. Möglicherweise könnte ein Adapterring helfen, denn ein schätzungsweise M47-Gewinde ist dort vorhanden.

Feldkorrektor
Der für 6x6 projizierende Feldkorrektor hat den selben freien Durchmesser wie ein 2”-Filter

Möglicherweise ließe sich auch in die M-42-Glocke oder in eine T2-Anschlußglocke für das P6-Bajonett ein Filtergewinde nachträglich einschneiden. Ein solcher Adapter ließe sich dann an jeder Optik mit Pentacon-Six-Bajonett nutzen. Ein verlockender Gedanke, da die meisten 6x6-Optiken im Bereich des Kleinbild-Formats excellent abbilden.

Bajonett
Unauffällig: Das Orestegor nun mit 2” Filterfassung