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Omegon Panorama² 100°

Omegons Panorama² Reihe
Omegons neue 100°-Reihe

100° scheinbares Gesichtsfeld: Das zeichnet die Flaggschiffe in der Okularpalette jedes Herstellers aus. Klar, dass hier keiner zurückstehen will. Das gilt auch für Omegon, quasi die Hausmarke von Astroshop. Der erste Anlauf auf die Spitzenklasse unter den Ultraweitwinkeln bestand am Markt aber offenbar nicht, so dass den Panorama Okularen Mitte 2018 eine neue Reihe, genannt Panorama², folgte. Derzeit zählen dazu die vier Brennweiten 21mm, 15mm, 10mm und 5mm.

In den Dimensionen unterscheiden sich die Okulare recht deutlich. Das 21mm ist erwartungsgemäß das größte und kommt auf ein Packmaß von 120mm x 73mm mit Kappen. Das zwei Zoll Okular wiegt recht stolze 720g. Auch das 15mm benötigt zwei Zoll Einsteckdurchmesser und ist mit 120mm x 68 mm etwas schlanker, wiegt aber noch 620g. Die nächste Brennweite, 10mm, kommt bereits mit einem eineinviertel Zoll Anschluss aus und ist mit 380g deutlich leichter, 58mm schlank, mit 107mm Länge aber nur wenig kürzer. Das 5mm ist mit 115mm wieder ein Stück länger, aber mit 50mm Durchmesser nochmals schlanker. Mit etwas weniger als 330g ist es das leichteste Okular der Reihe.
Alle Okulare haben umklappbare Gummiaugenmuscheln, eine einfache, nicht zu tief eingefräste Sicherungsnut und eine griffige Gummiarmierung. Das schwarz eloxierte Gehäuse in Hochglanz wirkt edel und ist auch gut verarbeitet. Die Beschriftung wurde eingelasert, wobei die Brennweitenangabe nicht nur unnötig klein geraten ist, sie sitzt auch noch recht ungeschickt weit unten, unterhalb des leicht bauchigen Teil des Gehäuses. In der Okularablage eingesteckt oder in der Kiste aufgestellt, kann man vier mal das Panorama² Logo dort am oberen Rand erblicken, wo man sich die Brennweitenangabe sinnvoll gewünscht hätte. Vergleicht man die Schriftgrößen, so ist Omegon die einzig wichtige Angabe auf dem Okular nicht mehr Schriftgrad wert gewesen, als die hochgestellte 2 im Panorama-Schriftzug. Ganz klar Design over Function. Auf der Steckhülse findet sich dann noch das Herkunftsland: China.

Blick in die Steckhülsen
Die Steckhülsen sind innen nicht mit Mattlack versorgt, sondern die aufgerauhte Oberfläche ist nur eloxiert.
(V.l. 10mm, 20mm, 15mm und 5mm.)

Nimmt man die Kappen aus Hartplastik und einem gummiartigen Kunststoff ab - und das geht vor allem unten nicht so leicht, wie man es gerne hätte - findet man ordentlich vergütete Linsen mit hauptsächlich grünen, aber auch mal rot-braunen und blauen Reflexen. Es soll und wird sich zweifellos um eine FMC-Vergütung handeln, was heute Standard ist. Beim Blick in die Steckhülsen zeigt sich, dass anstelle einer ordentlichen Lackierung mit schwarzem Mattlack die Aluminium-Oberfläche der Gehäuseteile lediglich aufgerauht und dann mit dem Rest des Gehäuses schwarz eloxiert worden ist. Das Ergebnis ist dabei sehr unterschiedlich, denn die entstehenden Flächen sind beim 21mm doch noch sehr glänzend geraten und beim 10mm zwar matt, aber mit bunten "Fünkchen“ in dunklen Regenbogenfarben immer noch nicht wirklich schwarz. Immerhin sind die Linsenkanten geschwärzt, was besonders beim 15mm auffällt, denn hier sind beim Blick von unten ins Okular einige breite Linsenränder direkt sichtbar und sie zeigen einen im Taschenlampenlicht rauchig rötlichen Farbton des also nicht sehr satt aufgetragenen Lacks. Damit es keine Probleme mit Tau gibt, sind die Okulare wasserfest.
Die Gummiaugenmuscheln sind um 6mm umklappbar. Die Deckel passen in beiden Positionen, lassen sich aber nur in umgeklappten Zustand fest aufdrücken. Auf den 1,25“ Okularen kann der Deckel aber recht stramm sitzen. Dem 5mm zieht der Deckel beim Abnehmen gern die Augenmuschel aus der Befestigungsrille, und beim 10mm findet sich eine recht harte Gummimischung, während sonst weiches Silikongummi verwendet wurde.

Die etwas gerupfte Gummiaugenmuschel des 5mm
Ups... so schaut das immer aus, wenn man zumindest diesem Exemplar die Kappe abnimmt.

Es kommt nicht von ungefähr, dass schon die Benennung den Verdacht weckt, es könnte sich bei den Panorama² lediglich um ein neues Gewand alter (und beim Kunden eher durchgefallener) Konstruktionen handeln. Omegon bzw. Astroshop machen allerdings recht vollständige Angaben zu aktuellen wie auch früheren Produkten. Und während es sich bei den alten Panorama-Okularen um reine Sechslinser handelte, wurden nun neue Konstruktionen verwendet. Der Aufbau der Okulare unterscheidet sich je nach Brennweite. Das 5mm verwendet 9 Linsen, beim 10mm sind es noch 8 Linsen und bei den beiden zwei Zoll Okularen 7 Linsen.  Bemerkenswert sind auch die Augenabstände. Die Brennweiten 21mm, 15mm und 10mm sind mit 20mm Augenabstand nämlich bequem für Brillenträger ausgelegt - was bei 100° Okularen eben nicht selbstverständlich ist. Beim 5mm sind es dann allerdings nur noch 13mm, also im Vergleich mit anderen 100° Okularen ganz gewöhnlich. Immerhin ist es leichter und schlanker als die 100° Konkurrenz.

Zum praktischen Einsatz kamen die Okulare zunächst an einem 12,5“ Dobson mit f/4,5 Optik. Das andere optische Extrem bildete ein Maksutov Cassegrain, nämlich der Skywatcher Skymax 180 mit 2700mm Brennweite, also f/15. Mit dem Meade ED Triplett 127/952 war auch ein moderater Refraktor mit f/7,5 im Beobachtungsprogramm und schließlich kam noch ein auf 2“ umgerüsteter 130/650 Newton sowie einzig mit dem 10mm ein 90/1250 Mak zum Einsatz. Als wäre das noch nicht genug, mussten sie sich auch einem 200/1200 Dobson, und zwar einem Meade Starfinder, stellen.
Die erste Wahrnehmung war jedoch kein optisches Detail, sondern ein feines »Klick!« Wer brillentaugliche Okulare gewohnt ist, mochte bei der Beschreibung der Gummiaugenmuschel schon stutzen: Nur um 6mm Umklappbar, also ca. 12mm hoch? Das ist wenig, meist zu wenig für solche Okulare. Mit Brille und ausgeklappter Augenmuschel lässt sich nicht annähernd das volle Gesichtsfeld überblicken. Mit umgeklappter Augenmuschel wären die drei brillentauglichen Brennweiten eigentlich problemlos einsetzbar, wenn der Hersteller nicht geschlafen hätte. Denn innerhalb der Gummiaugenmuschel sitzt auf gleicher Höhe die Linseneinfassung aus eloxiertem Aluminium. Da nun praktisch jede Brille etwas konvex ist, kann es gar nicht anders sein: Das Brillenglas setzt auf dem Aluminium auf und nicht auf der komplett heruntergeklappten Augenmuschel. Omegon bringt sich damit praktisch um ein, nein um das Alleinstellungsmerkmal der Brennweiten 21mm, 15mm und 10mm. Ich persönlich kann bei der Beobachtung zwar auf die Brille verzichten, ein wegen starker Hornhautverkrümmung auf die Brille angewiesener Beobachter aber war verständlicherweise nicht bereit, dasselbe Experiment mit seiner Brille anzustellen. Man kann das Problem auch nicht mit aufgestellter Augenmuschel überwinden - ich drückte auf, bis der Okualrauszug sich verstellte, ohne eine Chance auf etwas mehr Feld. Das hatte ich mir ehrlich anders erhofft. Mit vorsichtigem Probieren war es dann möglich, vielleicht 2mm oder 3mm vor dem Aufsetzen des Brillenglases das ganze Feld auch mit Brille zu überblicken - aber ohne die Führung der Augenmuschel ist dies sehr, nein zu anstrengend und man kann leicht mit unwillkürlichen Kopfbewegungen dennoch mit dem Glas aufsetzen.

Für Brillenträger ungeeignete Auflage bei umgeklappter Augenmuschel
Etwas Abgucken hätte nicht geschadet: Explizit brillentaugliche Okulare schützen die Brille.
Das Explore Scientific LER 92° (o.) durch eine nach innen ragende Augenmuschel
und das Tele Vue DeLite (u.) durch eine kleine Erhöhung des Silikongummis

Das Verhalten der Panorama² ist weiter sehr stark vom verwendeten Teleskop und der jeweiligen Okularbrennweite abhängig.  Grundsätzlich kommen nur die beiden 1¼ Zoll Brennweiten 5mm und 10mm gut mit großen Öffnungsverhältnissen zurecht. Am 130/650 Newton ließ die Sternabbildung zum Rand hin nur subtil nach. Das sieht beim 21mm deutlich anders aus. Hier war mehr als eine ganze Umdrehung der Feineinstellung des Fokussiertriebs nötig, um die Bildfeldwölbung auszugleichen. Dennoch blieb deutlicher Okularastigmatismus übrig und so scharf gestellt, dass die Bildmitte gerade noch als gut scharf wahrgenommen wurde, waren nur etwa 60° des scheinbares Gesichtsfelds fehlerfrei und ab etwa 80° waren Sterne unübersehbar unscharf. Das 15mm verhält sich demgegenüber etwas besser, was man daran erkennt, dass der scharfe Bildbereich in der Mitte gegenüber dem 21mm etwas größer wird. Zum Rand hin zeigt sich aber auch hier deutliche Unschärfe, die nur zu einem geringen Teil nachfokussierbar ist. Zum Vergleich kam mit dem 20mm Lunt HDC ein direkter Konkurrent - wenn auch mit deutlich weniger Augenabstand - zum Einsatz. Die Unschärfe am Bildrand war bei diesem Okular deutlich geringer und ließ sich mit nur einer halben Umdrehung des Feinfokussierers deutlich nachbessern. Der einwandfrei nutzbare Himmelsausschnitt war so deutlich größer.
Was bei dieser ersten Beobachtung leider auch auffiel, war eine durchaus bemerkbare Randaufhellung bei allen vier Panorama² Brennweiten. Sie ist nicht sehr hell aber auch kaum zu übersehen und betrifft einen recht breiten Randstreifen des Feldes. Während solche Aufhellungen bei anderen davon betroffenen Okularen zur Mitte hin eher subtil nachlassen, gibt es bei den Panorama² eine nur leicht diffuse Grenze, was den Effekt auch leichter bemerkbar macht.

Blick ins Innere durch die Augenlinse
Beim Blick ins Okular ist eigentlich bis auf kleine Ringe sehr dunkel,
insofern kam die Randaufhellung überraschend.

Obwohl es sich bei 100° Okularen eher um Deepsky-Okulare handelt, ist ein Blick auf Objekte des Sonnensystems durchaus erlaubt. Der 130/650 hat mit einem 5mm Okular noch viel Kontrastreserve und so machte sich Jupiter mit dem 5mm Panorama ausgesprochen gut bei 130-facher Vergrößerung.
Nun sollte natürlich auch das Verhalten der Okulare an entspannteren Öffnungsverhältnissen betrachtet werden. Schon bei der Beobachtung mit dem f/7,5 ED-Triplett besserte sich das Verhalten bezüglich der Sternabbildung am Rand deutlich. Bei f/15 mit dem 180mm Mak war das Feld dann auch im 21mm komplett gut mit eher subtilem Nachlassen nah am Rand. Nur der aufgehellte Bildrand war damit keineswegs behoben. Das 10mm brachte den Mak dann auf die für Jupiter sinnvolle Maximalvergrößerung. Auch bei der Beobachtung von M13 lieferten die Okulare schöne Bilder.
Der 200/1200mm Starfinder Dobson ließ die Schärfeprobleme der beiden langen Brennweiten wieder deutlich werden. Da gut die Hälfte des Durchmessers betroffen ist, wäre somit von der Fläche her nur ein Viertel des Bildfelds ohne störende Unschärfen nutzbar. Und natürlich blieb das Problem der Randaufhellung genauso bestehen. Das wurde auch mit dem 12,5 Zoll f/4,5 Dobson nicht anders. Mit dem 21mm als Such-Okular für den Blue Snowball hatten die unscharf aufgeblähten Sternabbildungen am Rand in etwa denselben Durchmesser, wie der endlich auftauchende planetarische Nebel.
Der kleine 90/1250 Mak machte mit f/13 auch eine gute Figur beim Vergleich des 10mm gegen ein Speers-Waler gleicher Brennweite. Das Omegon mochte M13 etwas schwächer gemottelt zeigen und auch hier war die Randaufhellung zu bemerken, während das Speers Waler ein sichtbar kleineres Bildfeld lieferte. Konzentrierte man sich hingegen auf die Bildmitte, so wie das beim Ringnebel M57 der Fall war, fand man zwischen beiden Okularen eigentlich keinen Unterschied.

Blick durch die teleskopseitige Linse
Aus Richtung Steckhülse ins Okular geblickt, sieht man doch größere, reflektierende Flächen.

Ohne Brille sind die Augenabstände nicht nur unkompliziert, sondern das Einblickverhalten war auch unproblematisch. Die Höhe der Augenmuschel passt entgegen der ersten Befürchtung wirklich gut. Trotzdem bringen es 100° scheinbares Gesichtsfeld mit sich, dass man beim direkten Blick auf den Rand eine leichte Ausgleichsbewegung für das Rollen des Augapfels machen muss, sonst gibt es schwarze Flecken am Rand, das sogenannte Kindey Beaning. Das beginnt bei der Mondbeobachtung allerdings doch eine Rolle zu spielen. Wird die Iris klein, wird der Einblick deutlich unruhiger und man ist bemüht, das Auge sehr exakt zu positionieren, damit die Ausleuchtung gut wird. Das helle Mondlicht führt auch zu deutlichen Aufhellungen im Bild, wenn der Mond ein Stück nach außerhalb des Bildes geschoben wird. Außerdem fiel noch etwas laterale Farbe auf. Zum Rand hin zeigen helle Sterne besonders im 15mm einen deutlichen, zur Bildmitte gerichteten Lichtausbruch in tiefblau - nichts besonders, denn das leisten sich andere Ultraweitwinkel Okulare in ganz ähnlicher Form und bei schwächeren Sternen jenseits der Wahrnehmungsschwelle.

Eine nicht unwichtige Angabe bleibt Omegon allerdings schuldig, und zwar den effektiven Feldblendendurchmesser. Daher stand auch eine Sterndurchlaufmessung auf dem Programm, die mit dem 130/650 Newton an Attair stattfand und mit Hilfe des als Refrenz-Okular dienenden 26mm Nagler Typ 5 auf seinen zuverlässig bekannten Feldlblendendurchmesser von 35mm ins Reine gerechnet wurde.  Bei der Messung gab es eine Abweichung von etwa 0,5mm nach oben, was darauf schließen lässt, dass der kleine Newton tatsächlich nicht 650 sondern ca. 640mm Brennweite hat - keine bemerkenswerte Abweichung vom Soll. Das 21mm Panorama² kommt nach dieser Rechnung auf 34,5mm Feldblendendurchmesser (bei 3,08° wahrem Himmelsausschnitt). Beim 15mm sind es noch 25,5mm effektiver Feldblendendurchmesser, gefolgt von 17,4mm beim  Panorama² 10mm und schließlich noch 8,7mm beim 5mm Panorama². Im falle des 21mm ist das etwas mehr als 34mm, der beim bereits erwähnten Lunt HDC 20mm in einer früheren Messung ermittelte Wert.

Hübsch vergütet, ungeschickt beschriftet
Falls jemand vergisst, was er gekauft hat:
Von oben betrachtet ist das Logo, aber nicht die Brennweitenangabe zu sehen.

Die Omegon Panorama² Okulare sind also vor allem mit den beiden kurzen Brennweiten 10mm und 5mm interessant, um zu den begehrten 100° Blickwinkel zu kommen. Die beiden Okulare sind nicht nur relativ klein und leicht im Vergleich zu anderen 100° Okularen, sie sind mit einem aktuellen Preis von ca. 199,- Euro* auch ausgesprochen günstig. Auch die mit 229,- Euro* etwas teureren zwei Zoll Okulare 15mm und 21mm sind günstiger, als die Konkurrenz. Sie sind aber nur in Optiken mit moderatem bis kleinem Öffnungsverhältnis eine echte Alternative. Brillentauglich sind die Okulare im Auslieferungszustand eigentlich nicht, aber Abhilfe ist leicht möglich: Passend zugeschnitten kann selbstklebende, schwarze Veloursfolie als Kratz-Schutz auf das störende Aluminium der Linseneinfassung geklebt werden. Ob sie auch als Streulichtschutz in der diesbezüglich vernachlässigten Steckhülse Sinn macht, wollte ich mit geliehenen Testexemplaren nicht ausprobieren.

*) Preisniveau 8/2018

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