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Das Explore Scientific LER 26mm

Keine Magnetbox, aber eine gute und ansprechende Transportverpackung
Das LER 26mm kommt gut verpackt, aber nicht in der bekannten Box mit Magnetverschluss.

Die Buchstabenkombination LER ist aus dem Hause Explore Scientific schon bekannt. Sie steht für Long Eye Relief, also einen bequemen Augenabstand. Zunächst bezeichnete sie Okulare mit 92° scheinbarem Gesichtsfeld, von denen bislang nur zwei Brennweiten verfügbar sind. Statt weiterer 92° Okulare ist nun eine vollständige Okularreihe mit 62° erschienen. Explore Scientific verwendet keine Eigennamen für seine Okularreihen und beschriftet sie schlicht als 62° Series. Das Kürzel LER findet sich auch gar nicht auf dem Okular-Gehäuse, allerdings auf dem Etikett und der Webseite.
Das Okular macht einen sehr wertigen Eindruck. Die schwarze Hochglanz-Eloxierung des Alu Gehäuses ist per Lasergravur sehr dauerhaft beschriftet mit einer doch zierlich geratenen Brennweitenangabe. Es war wohl wichtiger, auf eigentlich inzwischen eher selbstverständliche Dinge schriftlich hinzuweisen: Die Mehrschichtvergütung auf allen Glas-/Luft-Flächen. Weniger gibt’s nur im absoluten Billigbereich. Explore Scientific verrät, dass die verwendete EMD-Vergütungstechnologie patentiert ist, aber in welchen Werten sich diese Vergütung auszeichnet, lässt man offen. Die Edelgasfüllung mit Argon, die bedingt, dass das Okular wasserdicht ist, findet man bei Explore Scientific bei allen höherwertigen Okularen. Sehr vorbildlich auch die Eigenart von Explore Scientific, die Okulare mit ebenfalls eingelaserten Seriennummern zu versehen. Schließlich findet sich noch, genauso eingelasert, das Herkunftsland: China. Darüber hinaus hält sich Explore Scientific mit Angaben zur 62° LER Serie ungewohnt bedeckt. Während ansonsten exakte Angaben zu Abmessungen und vor allem effektivem Feldblendendurchmesser zu finden sind, schweigt die bekannte Datentabelle der Webseite sich zu dieser Okularreihe seit Monaten völlig aus.**

Vorbildliche Seriennummer
Auch die kleinen LERs haben eine Seriennummer - andere Okularanbieter verschlafen das seit Jahren.

Der obere Deckel sitzt sicher auf der großen und weichen Gummiaugenmuschel aus Silikongummi. Vielleicht etwas zu sicher, da man die Augenmuschel beim Abziehen des Deckels auch gleich aufklappt. Die Steckhülse wird mit einem Deckel aus Gummi ebenso sicher und auch deutlich angenehmer verschlossen. Nahe der Auflagekante läuft die Steckhülse konisch zu, so dass das Okular sicher sitzt, auch wenn die Klemmschraube nicht gewaltsam angezogen wird. Eine Gummiarmierung sorgt für eine sichere Handhabung.
Für ein 1,25“ Okular ist das kleine 62° LER mit 235 Gramm (Kappen inclusive) relativ schwer - und das ist wohl eine der wenigen Gemeinsamkeiten zu den optisch überhaupt nicht vergleichbaren 92°LER Okularen. Etwas größer als ein übliches 1,25“ Okular ist es schon, wobei seltsamerweise die augenseitige Schutzkappe mit 53,5 mm den größten Durchmesser hat, während der Rest des Okulars im Bereich der Gummiarmierung genau 50mm durchmisst. So, wie die besagte Kappe auf der weichen Gummiaugenmuschel zwar absolut sicher sitzt, aber im Gummi federnd herumeiert, hat es verschlossen ein Packmaß von 77,5 mm Länge.

Blick auf die kurze Gummiaugenmuschel.
Eigentlich ahnt man es schon: Die Gummiaugenmuschel ist zu kurz für ein Okular mit brillentauglichem Augenabstand.

Der Augenabstand ist mit 20 mm relativ groß und erlaubt so, das komplette Feld mit Brille sogar bei ausgeklappter Gummiaugenmuschel zu überblicken. Das innere des Okulars ist gut geschwärzt, lediglich zwei ringförmige Zonen fallen mit einem schwachen Glanz auf und man erkennt bei genauem Hinsehen die Riffelung der Okularinnenwand durch ein Pseudo-Gewinde.
Während beim Blick durch die Steckhülse ins Okular einige vorbildlich geschwärzte Linsenkanten auffallen, war man bei der Steckhülse selbst sorgloser: Deren Schwärzung ist eher eine Gräuung und da diese so dünn ist, dass das Metall weiter durch glänzt, ist „Grauen“ ein naheliegenderes Wort als „Grau“. Der Einschraubbereich für das Filtergewinde ist blank geblieben, allerdings auf üppigen 6 mm Tiefe. Eine kleine Messrunde durch die Filtersammlung zeigt auf, dass sich 1,25“ Filter mit 1,8 mm bis 2,5 mm Einschraubtiefe finden. Selbst eine Verlängerungshülse - sinnvoll nicht am Okular sondern zwischen Webcam und Reducer oder Barlow - nutzt nicht mehr als 3,5 mm. Also eine mehr als halbherzige Schwärzung der Steckhülse. Die EMD-Vergütung sorgt im Vergleich mit typischen Breitband-Multicoatings für etwas dunkler und satter grüne Reflexe. Sie macht einen guten Eindruck - und das ist ohne Messtechnik alles, was man dazu sagen kann.

Schwärzungsmängel im Inneren der Steckhülse
Die Steckhülse ist oberhalb des Filtergewindes nicht wirklich, nein alles andere als schwarz.

In der Artikelbeschreibung im Online-Shop gibt sich Explore Scientific mehr als selbstsicher: „Einzigartig hohe Randschärfe auch bei schnellen optischen Teleskopen“, das sorgt für eine ziemliche Erwartungshaltung. Immerhin klingt das beim 17 mm LER (92° Serie) deutlich vorsichtiger: „Hohe Randschärfe auch bei schnellen Optiken“.
Während man das 17 mm LER 92° tatsächlich bedenkenlos mit schnellen Optiken verwenden kann, ist dieser Zahn dem 26mm 62° LER schnell gezogen. Für ein Viertel des Listenpreises vielleicht auch nicht unerwartet. Am moderaten Volks-Apo, dem 80 mm  Skywatcher ED mit 600 mm Brennweite, lässt sich der Mond geradezu als Maßstab für die Randunschärfe verwenden. An den Rand geschoben ist der Mondrand in seiner ganzen Runde nicht mehr fokussierbar - obwohl das Öffnungsverhältnis mit f/7,5 keineswegs schnell ist. Der Mond wird bei 23-facher Vergrößerung etwas über 11° groß abgebildet, so dass sich das einzigartig randsscharfe Gesichtsfeld allenfalls auf die inneren 40° beziehen kann - und das kann auch ein einfaches Plössl besser. In diesem Fall aber kam zum Vergleich ein 24mm Maxvision 68° zum Einsatz, das sein größeres scheinbares Feld auch durch etwas mehr Verzeichnung zum Rand hin zu erzielen scheint: Im 26mm LER war der Mond deutlich runder, während er im Maxvision eirig gezogen wurde. Dafür wiederum war im Maxvision beim am Rand positionierten Mond dieser auf der zur Bildfeld-Mitte hin liegenden Hälfte einwandfrei und erst auf dem am Rand liegenden Viertel des Monddurchmessers war das Bild störend unscharf.
Noch deutlicher wurden die Unterschiede an einem 12,5“ Dobson mit f/4,5, der zum Vergleich mit einem LVW 22 mm von Vixen bestückt war. Wieder zeigte das LER die beschriebene und nicht nachfokussierbare Unschärfe zum Rand hin. Das LVW zeigte saubere Sterne bis zum Rand, allerdings mit etwas lateraler Farbe, wodurch Sterne dicht am Rand einen kleinen, blauen Lichtausbruch zur Mitte des Bildes hin zeigen. Das LER zeigt in diesem Bereich aber die Sterne zu großen, radiale Bögen verzogen.
Bei diesen Beobachtungen zeigte sich auch, dass die Gummiaugenmuschel des LER 26 mm bei Beobachtungen ohne Brille deutlich zu kurz geraten ist. Auch bei ausgeklappter Augenmuschel ist das komplette Bildfeld mit Brille zu übersehen. Die bei f/4,5 große AP erfordert schon eine sorgfältige Positionierung des Auges, was ohne die Augenmuschel als Haltepunkt zu einem unruhigen Einblick führt.

Vergütung der Augenseitigen Linse
Das es sich auch beim LER um die patentierte EMD-Vergütung handelt, verrät die Webseite.
Was EMD bedeutet  - oder kann - jedoch nicht...

Um auch ein ausgesprochen langbrennweitiges Gerät zu versuchen, kam das bekannte Maksutov Cassegrain von Skywatcher, der 90/1250, zum Einsatz. Selbst bei der Tagbeobachtung von feinen Blatträndern gegen einen hellen Wolkenhintergrund zeigte sich die nicht nachfokussierbare Randunschärfe des LER, während das LVW 22 bis auf die nah am Rand entstehenden Blausäume durch laterale Farbe einwandfrei war. Zwar wurde das LVW etwa zum doppelten Listenpreis angeboten, aber Explore Scientific muss sich hier an der selbst getroffenen Aussage von einzigartig hoher Randschärfe messen lassen - davon ist eher nichts zu finden. An diesem mit beinah f/14 langsamen Teleskop muss man die Abbildung bezüglich der Randschärfe als lediglich akzeptabel einstufen.
Eine weitere unangenehme Eigenschaft ist, dass die Oberfläche der teleskopseitigen Linse nahe an der Schärfeebene des Teleskops liegt. Verunreinigungen oder gar Kratzer auf dieser Linse werden dadurch im Bild störend bemerkbar, meist als unscharfe, dunkle Stippen. Hat man das Okular etwas angehaucht, kann man zumindest als kurzsichtiger wie mit einer Superlupe erkennen, wie der Beschlag aus winzigen Einzeltröpfchen zusammengesetzt ist. Dementsprechend penibel sauber muss diese Fläche gehalten werden, um nicht bei halbwegs großflächigen Objekten sofort auf den Dreck im Okular aufmerksam zu werden.

Somit lässt sich feststellen, dass Explore Scientific mit dem 26 mm LER 62° kein besonders guter Wurf gelungen ist. Das preislich vergleichbare, als Restposten vertriebene - und für Brillenträger weniger geeignete - 24 mm Maxvision 68° zeigte eine klar bessere Randabbildung. Von besonders guten Eigenschaften des LER 62° an schnellen Optiken war weder im 80 mm Volks-Apo (f/7,5) noch im 12,5“ f/4,5 Newton etwas zu bemerken. Um hier etwas positives zu vermerken, sei das helle Bild genannt. Auch die Abbildung in der Bildmitte ist nicht zu bemängeln. Als Aufsuchokular an sehr entspannten Öffnungsverhältnissen ist es zwar einsetzbar aber das gilt auch für ein deutlich günstigeres Plössl. Für die Beobachtung großer Objekte stößt es entgegen der Bewerbung an seine Leistungsgrenzen. Der Preis entspricht den Eckdaten, auch dem Aussehen, aber für 110,- Euro* gibt es gute Konkurrenz.

*) Stand / Preisniveau 8/2017

**) In der Explore Scientific Datentabelle Stand 15.1.2015 wird das Okular als “Explore Scientific waterproof 26mm 62°” geführt. Effektiver Feldblendendurchmesser 27,3 mm, 5 Linsen, 3 Gruppen

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