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Bildeinstellungen
Hier hat das Teleskop seine Regler

Wenn man sich einen neuen Fernseher anschafft, wird man wohl auch auf die Möglichkeit stoßen, das Bild richtig einzustellen. Helligkeit und Kontrast, aber auch Auflösung und Farbbalance können gewählt werden. Am Teleskop findet man diese Regler nicht – und doch sind sie vorhanden. Allerdings kann man nicht alle Bildparameter getrennt voneinander einstellen.

Die Bildhelligkeit ist wohl die wichtigste Eigenschaft, die man regeln möchte. Bei dieser Formulierung denken erfahrene Beobachter vermutlich sofort an die Sonnenbeobachtung, da die gebündelte Sonnenstrahlung selbst eines kleinen Teleskops problemlos und in kürzester Zeit das Auge zerstört. Für die visuelle Sonnenbeobachtung rechnet man im Allgemeinen mit einem Filterfaktor von 1:100.000, was zehn hoch fünf entspricht und woraus sich die neutrale Filterdichte (ND) von 5 ableitet. Es gibt aber auch Objekte, deren Helligkeit zwar ungefährlich, aber eben dennoch störend ist, so dass man Schwierigkeiten hat, ihre Strukturen wahrzunehmen. Hierfür sind Mars und Jupiter Paradebeispiele. Ein einfaches Mittel, um deren Helligkeit zu dämpfen, ist die Wahl einer ausreichend hohen Vergrößerung. Verdoppelt man die Vergrößerung, verteilt sich die vom Teleskop gesammelte Lichtmenge auf eine Netzhautfläche mit doppeltem Durchmesser, wodurch sich die Fläche vervierfacht, da diese mit dem Quadrat des Durchmessers wächst. Dementsprechend sinkt die Bildhelligkeit nach einer Verdoppelung der Vergrößerung auf ein Viertel der ursprünglichen Helligkeit. Dieselbe Wirkung wie ein Filterfaktor von 4×. Umgekehrt kann man aber die Helligkeit auch in gleichem Maße steigern, indem man weniger stark vergrößert, was prinzipiell bei der Beobachtung von schwachen Objekten hilft.

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Jupiters Wolkenoberfläche zeigt dem visuellen Beobachter eher zarte Pastelltöne, die in Fotografien üblicherweise als viel zu kräftige Kontraste wiedergegeben werden. Damit der Beobachter die schwächsten Details wahrnehmen kann, darf die Abbildung nicht zu hell sein. Aufnahme mit 200/1000 Newton vom 22.9.2021.

Die Helligkeitsregelung über die Vergrößerung ist vor allem daher elegant, weil dabei kein mühsam oder auch teuer gesammeltes Licht verloren geht (schließlich wird Optik mit jedem Quadratmillimeter polierter Optikfläche teurer). Allerdings ändert sich mit der Vergrößerung auch die Austrittspupille (AP), also der Strahldurchmesser der aus dem Okular tretenden Lichtbündel und das Auge kann somit nur bis zur maximalen Öffnung der Iris das Licht aufnehmen, weshalb man in der Praxis kaum über eine Austrittspupille von 7mm Durchmesser hinaus eine Helligkeitssteigerung wahrnimmt. Schon ab 5mm AP sorgt der schräge Einfall der Strahlen vom Rand des Lichtbündels für eine ungünstige Lichtempfindlichkeit der Netzhautzellen, so dass man die zusätzliche Bildhelligkeit nicht voll ausnützen kann. Die Austrittspupille bestimmt sich quasi geometrisch und lässt sich immer berechnen, indem man die Teleskopöffnung durch die gewählte Vergrößerung teilt. Umgekehrt beschneidet man die wirksam genutzte Öffnung, wenn die Irisgröße den tatsächlich genutzten Teil der Austrittspupille beschränkt.  Hat die Iris nur den halben Durchmesser der Austrittspupille, so beobachtet man auch nur mit dem halben Durchmesser der Teleskopöffnung, und entsprechend dem Verlust an Fläche nur noch mit einem Viertel des eigentlichen Lichtsammelvermögens der Optik.

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Diese Mondaufnahme - per Smartphone vom Okular abfotografiert - zeigt recht deutlich, dass es auf der Mondoberfläche sehr helle Bereiche gibt, dass aber viele Strukturen nur in jenen Bereichen mit flachem Lichteinfall und deutlich weniger Helligkeit gut erkennbar sind.

Die Vergrößerung ändert aber noch weitere Bildparameter. Zum Beispiel den Kontrast. Er wird zum einen mit steigender Vergrößerung allein aufgrund der abnehmenden Bildhelligkeit schlechter (das Kontrastverhältnis im Bild bleibt aber gleich). Da sich aber auch die Gradienten vergrößern,  nimmt der Kontrast an der Grenze von Strukturen ab. Sie werden quasi verschmiert, das heißt über den gleichen Sehwinkel betrachtet ist der Kontrast kleiner. Das kann auch durch starke Luftunruhe und dadurch verursachte Unschärfe im Bild geschehen. Höher Vergrößern wird also in manchen Situationen das Bild eher verschlechtern.

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Verdoppelt man die Vergrößerung, wird die Flächenhelligkeit des Bildes auf ein Viertel reduziert - wird das Bild zu dunkel, sieht man keineswegs mehr...

Wenn also eine niedrigere als die gewohnte Vergrößerung ratsam ist, sollte man an einen Graufilter denken, der für eine angenehme Bildhelligkeit sorgen kann. Es ist nützlich, zu wissen, mit welcher Vergrößerung man die Helligkeit eines Objekts angenehm findet, bzw. genauer, bei welcher AP man die beste Detailwahrnehmung hat. Da die AP unabhängig von Teleskopbauart und Größe gilt – bis auf Nuancen weil unterschiedliche Teleskopbauarten unterschiedlich große Lichtverluste auf dem Weg durch die Optik haben – kann man einmal gefundene AP-Werte auf jedes andere Teleskop übertragen. Wer mit 0,6mm AP einen angenehmen Wert für die Jupiter- und Marsbeobachtung gefunden hat, kann bei einer AP von 1,2mm leicht den Filterfaktor bestimmen, mit dem sich die zusätzliche Bildhelligkeit genau kompensieren lässt. Man quadriert einfach das Verhältnis der beiden AP-Durchmesser, also (0,6/1,2)² = 2² = 4, so dass ein 4× Graufilter den gewünschten Effekt hat. Wird der Filtertyp in neutraler Dichte angegeben, errechnet man mit dem Taschenrechner den ND-Wert mit Log(4)  ≈ 0,602. Will man umgekehrt wissen, bei welcher AP ein 2× Graufilter die gleiche Bildhelligkeit wie 0,7mm AP liefert, rechnet man 0,7mm × √2 ≈ 0,9899mm, also fast genau 1mm AP.
Ganz ohne Rechnerei kann man übrigens mit einem variablen Polfilter, auch Doppel-Polfilter genannt, durch Verdrehen der Filter die Bildhelligkeit stufenlos in einem Bereich zwischen etwa ND 2 (100×) und ND 0,4 (2,5×) einstellen.

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Die Sonne während der partiellen Sonnenfinsternis am 10.6.2021. Mit normaler Helligkeit wiedergegeben (rechts) ist die Granulation der Sonnenoberfläche schwer zu erkennen.
Aufnahme mit Celestron C100 ED-R, Sonnenprisma und ND3-Filter

Die Austrittspupille verrät uns auch etwas darüber, wie das Auflösungsvermögen von Teleskop und Auge zusammenpassen. Bei einer AP von weniger als 1,5mm können Menschen mit sehr gutem Visus bereits erkennen, dass Sterne nicht mehr punktförmig sind. Bei normalem Visus, also 100% sollte man das wenigstens bei 1mm AP bemerken. Dennoch braucht das Auge gerade bei schwachen Kontrasten noch etwas mehr Fläche, um sie zu bemerken, so dass man noch etwas mehr Vergrößerung, also weniger AP braucht, um das Maximum an Detail zu erfassen. Zuviel Vergrößerung ist dann aber auch nicht hilfreich, denn dann werden die Gradienten im Bild störend, so dass Kontraste verschmieren und die Wahrnehmung wieder schwieriger wird, selbst wenn das Bild hell genug ist. Um 0,7mm AP herum sollte man bei der Beobachtung von Mars und Jupiter das maximale Detail erkennen können. Mond und Saturn sind gegenüber Übervergrößerung noch etwas verzeihlicher, aber ein Beobachter mit normalem Visus wird schwerlich übersehen können, dass bei 0,5mm AP die Mondberge allesamt rundgelutscht erscheinen – was sie nachweislich in natura nicht sind: Das Bild wurde höher aufgebläht, als es die Kombination aus Auflösungsvermögen der Optik und der Sehfähigkeit des Beobachters zulässt. Dazu gibt es unter dem Artikel einen Literaturhinweis [1]. Vergrößert man über den Punkt der besten Detailerkennbarkeit hinaus, verliert man nicht nur einfach an Bildhelligkeit und damit an Kontrast, sondern das Auflösungsvermögen des Auges nimmt ab. Dies geschieht allerdings nicht optisch, sondern durch die Adaption der Netzhaut an das zu dunkle Bild. Schon bevor die chemische Dunkeladaption beginnt, schaltet die Netzhaut unter Auflösungsverlust benachbarte Sehzellen zusammen. Dadurch verliert der Beobachter aber die Fähigkeit, die zunehmende Unschärfe zu erkennen - der Netzhaut fehlt schlicht die Auflösung dazu. Auch die Fähigkeit, Farben zu erkennen, verliert sich. Das Auflösungsvermögen der Netzhaut kann  auf ein Fünftel des Normalwerts zurückgehen. Natürlich würde dies nicht gelten, wenn das Beobachtungsobjekt so hell wäre, dass die Netzhaut diese Anpassung gar nicht braucht, aber selbst der mit 2mm Austrittspupille noch als gleißend hell empfundene Mond ist bei einem AP-Durchmesser von weniger als 0,5mm nicht mehr hell genug dazu - diese Annahme ist also unrealistisch. Es besteht aber dennoch die Gefahr, dass Beobachter sich von diesem Effekt einlullen lassen, und die Vergrößerung sinnlos steigern. Daher sollte man sich immer angewöhnen, auch die Gegenprobe zu machen: Welche Details sieht man nicht mehr und welche Details sieht man sogar einfacher, wenn man die Vergrößerung zurück nimmt?

Auch die Erkennbarkeit von Sternen hängt von der Wahl des AP-Durchmessers ab. Solange ein Beobachter noch nicht die volle Auflösungsfähigkeit des Teleskops erkennen kann, erscheinen Sterne als ideale Punkte, so dass deren Licht komplett in einem Punkt gebündelt zu sein scheint. Unter dieser Prämisse ändert sich die Helligkeit eines Sterns also nicht, obwohl man die Vergrößerung verändert. Die Helligkeit von Flächen im Bild ändert sich aber sehr wohl und der Himmelshintergrund ist für gewöhnlich die größte Fläche im Bild. Dadurch wird der wahrgenommene Kontrast zwischen Himmelshintergrund und Stern mit kleiner werdender AP so lange besser, bis der Stern endlich flächig wahrgenommen werden kann – was, wie oben schon beschrieben ist, je nach Visus ab 1,5mm AP-Durchmesser der Fall ist.

Eine weitere wichtige Bildeinstellung, für die es am heimischen Fernseher keine Entsprechung gibt, ist übrigens die Größe des scheinbaren Gesichtsfelds. Ändert man dessen Größe, so kann man das eher mit dem Kauf eines neuen Fernsehers vergleichen – und wenn man nicht gerade ein Zoom-Okular vor sich hat, dann ist das bei Okularen auch ganz genau so: Das scheinbare Gesichtsfeld des Okulars wird durch die Konstruktion vorgegeben und  wer aus einem Okular mit 50° scheinbarem Gesichtsfeld eines mit 100° machen möchte, der wird ein neues Okular mit einer ganz anderen Optikkonstruktion kaufen müssen. In der Hauptsache geht es hier um Bildästhetik, die aber durchaus auch eine Rolle spielen kann. Wie oben beschrieben ist, kann man mit der besten Stern-Erkennbarkeit um 1,5mm AP rechnen. Das ist aber bereits eine recht hohe Vergrößerung, wenn man von einem normal nutzbaren AP-Bereich von 0,7mm bis 6,5mm ausgeht. Bei 200mm Teleskopöffnung liegt schon eine Vergrößerung  von 133× an. Ein Sternhaufen mit 0,5° wahrem Durchmesser erscheint dann schon 67° groß im Okular. Das sprengt das Bild eines Okulars mit 50° scheinbarem Gesichtsfeld und ein 67° Okular wird voll ausgefüllt. Ein Sternhaufen wirkt aber nur dann, wenn man auch seine Grenze wahrnehmen kann, also ein Stück seiner Umgebung sieht. In einem 82° Okular bleiben aber nur 15°, also ein 7,5° großer Rand, übrig. Sollte der Haufen also erst mit 133× einige Sternchen enthüllen, müsste man ihn schon im 100° Okular beobachten,  damit er sich gut von seiner Umgebung abheben kann. Ein Beispiel mit etwa diesen Dimensionen ist der wunderbare NGC 7789, auch Carolines Haystack genannt. Mit 25‘ wahrem Durchmesser ist er dennoch im Achtzöller schwierig aufzulösen und muss also entsprechend hoch vergrößert werden.

NGC7789Sim50-100AFOV
Caroline’s Haystack (NGC 7789) simuliert für 133-fache Vergrößerung,
mal mit 50° und mal mit 100° scheinbarem Gesichtsfeld.
Das große Gesichtsfeld macht es leichter, den Haufen vom Hintergrund abzugrenzen.

Damit sollte also das Grund-Repertoire an notwendigen Bildeinstellungen klar sein.  Bleibt schließlich noch zu erwähnen, dass die Bildqualität insgesamt davon abhängt, wie vor allem Teleskop und Okular harmonieren. Der Beobachter spielt dabei nun vor allem mit mehr oder weniger persönlichen Defiziten eine Rolle. Wird eine Brille am Okular benötigt, so ist das eine erhebliche Einschränkung (viele Brillenträger brauchen aber die Brille am Okular nicht oder nur bei niedrigen Vergrößerungen). Fehlt die Übung, das Bild eines Okulars mit schwierigem Einblickverhalten dauerhaft zu halten, strengt das den Beobachter so sehr an, dass an eine entspannte Detailwahrnehmung nicht zu denken ist. Dementsprechend ist auch die Okularwahl mit Sorgfalt zu treffen. Eines ist dabei jedoch sicher: Passen schon Okular und Teleskop nicht gut zusammen, wird auch der erfahrenste Beobachter damit „nichts mehr reißen“.

[1] Hand-Ferngläser, 2. Auflage, Holger Merlitz, Verlag Europa Lehrmittel, 2019, Kap 8-9.

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