Astro Exkursionen Wie sehr das viele und unnötig in den Himmel abgestrahlte Streulicht unserer Städte das Erlebnis Sternenhimmel stört, bemerken viele Sternfreunde schon bei den ersten Versuchen, ein Sternbild mit bloßem Auge und einer Sternkarte zu erkennen. Wer sich dann am stark aufgehellten Vorstadthimmel wenigstens etwas zurecht gefunden hat, der macht vielleicht am Urlaubsort die erschreckende Erfahrung, dass er sich vor lauter Sternen gar nicht mehr am Himmel zurecht findet. “Hier müsste ich mein Teleskop dabei haben”, ist ein gern geäußerter Gedanke. Es geht also darum, dem störenden Licht der Städte und Ballungsgebiete zu entfliehen. Aber egal ob es um “nur” 20 Minuten Autofahrt geht, ob eine Flugreise geplant ist oder ob für eine nächtliche Radtour ein kleiner Teleskop-Rucksack gepackt werden soll - auf eine Astro-Exkursion muß man sich und seine Ausrüstung vorbereiten. Die Vorbereitung lässt sich grob in drei Bereiche Einteilen: 1. Wohin geht die Exkursion? 2. Was möchte ich beobachten? 3. Welche Ausrüstung brauche ich? Zunächst muss also geklärt werden, wohin es denn gehen soll. Natürlich klingt es recht unproblematisch, wenn man als Kölner sagt “ich fahre in die Eifel”, wenn der Dortmunder ankündigt “es geht ins Sauerland” oder wenn der Münchner anfragt, wer denn ins Allgäu mitfahren möchte. So unproblematisch ist es aber bei weitem nicht. Es gilt nämlich vor allem, in der gewünschten Gegend einen brauchbaren Standort zu finden. Das ist im dicht besiedelten Mitteleuropa schon recht schwierig. Selbst Nebenstraßen sind in störendem Maße befahren. Wenn alle 15 Minuten ein Auto durchkommt, mag das wenig erscheinen, da aber die Dunkeladaption das Auges bis zu 20 Minuten dauern kann, ist selbst ein so geringer Verkehr störend. Es gilt also, im Zielgebiet einen dunklen Standort zu finden, der gut erreichbar ist aber ebenso abgelegen. Sackgassen, die am Waldrand enden, sind da einen Versuch Wert. Manchmal muss man, trotz aller Vorarbeit mit Karten oder Google-Earth, eine Fahrt investieren, um einen guten Standort zu finden. Oft zeigt sich dann erst Nachts, dass der Skybeamer einer 10 Kilometer entfernten Discothek einen Großteil des Himmels überstreicht und den Sternfreund sehr stört. Es gibt in Deutschland derweil praktisch keine Orte mehr, die nicht von solchen Anlagen betroffen wären.
Wer mit dem Flugzeug unterwegs ist, und am Urlaubsort keinen Mietwagen zur Verfügung hat, ist noch stärker eingeschränkt. Hotelanlagen sind - besucherfreundlich gedacht - die ganze Nacht über beleuchtet, und zwar nicht gerade sparsam, denn man will ja “was hermachen”. Die meisten Urlauber haben ja auch ein Interesse am “regen Nachtleben”.
Der letzte Satz bringt auch gleich eine weitere Frage ins Spiel: Wird der Mond stören? Selbst im ersten oder letzten Viertel ist der Mond so störend hell, dass sich größere Unternehmungen kaum lohnen. Durch das Mondlicht wird der Himmel auf dem Land nur wenig dunkler als am Rande einer Kleinstadt. Interessant sind daher immer etwa zwei Wochen, beginnend einige Tage nach Vollmond, wenn der Mond erst nach Mitternacht aufgeht, und endend einige Tage nach Neumond wenn der Mond erst spät am Abend untergeht. Man schaut dann im astronomischen Jahrbuch nach, wieviele Stunden man ohne Mond beobachten kann und ob sich der Aufwand dafür lohnen wird. Wenn geklärt ist, wohin es gehen soll, stellt sich auch die Frage, was denn beobachtet werden soll. Gibt es ein spezielles Himmelsereignis? Eine Sternbedeckung? Oder einen Kometen, dessen Position man zur Vorbereitung mit Bleistift in der Sternkarte markiert, oder als Karte aus dem Internet ausgedruckt hat? Oder will man einfach nur ganz ungezwungen den Himmel der jeweiligen Jahreszeit nach Lust und Laune absuchen? Vielleicht ist aber auch Fotografie geplant und man wird nur Zeit für ein oder zwei Objekte haben. Schließlich hängt von alledem die benötigte Ausrüstung ab. An erster Stelle sollte da die Kleidung stehen. Sie muß der Wetterlage und dem Beobachtungsort entsprechend angepasst sein. Man vergisst leicht, dass es selbst im Hochsommer schon in den Mittelgebirgen empfindlich kalte Nachttemperaturen gibt. 5°C sind im August keine Seltenheit. Tau oder Wind kann die gefühlte Temperatur weiter senken.
Je nach den Beobachtungszielen muß dann die optische Ausrüstung zusammengestellt werden. Wer aus mehreren Teleskopen wählen kann, muß sich entscheiden, welche(s) er mitnimmt. Dazu kommt dann das passende Zubehör, also Okulare und Filter. Üblicherweise ist auch ein Feldstecher dabei. Astrofotografen müssen an Leitrohr und anderes Zubehör zur Nachführung denken. Hinzu kommt die Kameraausrüstung mit passenden Objektiven. Natürlich ist auch Kartenmaterial wichtig, also ein Sternatlas, zum Beispiel in laminierter Ausführung. Viele Sternfreunde nehmen einen Klapp- oder Rolltisch “mit an Bord”.
Moderne Fahrzeuge werden mehr und mehr störend, in dem Maße wie die moderne Technik sich “selbständig macht”. Da ist die weiße Innenbeleuchtung, die sich nicht abschalten lässt und beim Öffnen der Fahrzeugtür gnadenlos aufflammt. Und natürlich gibt es sowas auch für die Kofferraumklappe. Wer seine Beleuchtung nicht abschalten kann, sollte entweder die weißen Glühbirnen durch rote LED-Sofitten austauschen, oder auch hier rote Folie einsetzen. Der gewohnte Druck auf die Fernbedienung der Zentralverriegelung - und alle vier Blinker sorgen dafür, dass rundum Jedermann wieder ohne Adaption buchstäblich im Dunkeln steht. Der neueste “Kick” der Kfz-Industrie ist selbständig einschaltendes Abblendlicht. Da wird es unangenehm, wenn ein Sternfreund mal zu spät zum gemeinsamen Beobachtungsort kommt, oder etwas früher wieder abfahren möchte. Gegen diese letzten beiden Punkte ist kein Kraut gewachsen, als sich mit den Kameraden abzusprechen und stets geistesgegenwärtig darauf zu achten, welche grell leuchtenden Folgen das meist völlig unnötige Abschließen des Fahrzeugs nach sich zieht.
Wer eine Reise mit dem Flugzeug unternimmt, der muß seine Ausrüstung vor allem bezüglich Gewicht und “luftfracht-gerechter”, also bruchsicherer Verpackung abstimmen. Es lohnt sich, genaue Informationen bei der Fluggesellschaft einzuholen. Einige Gesellschaften kennen derweil auch offiziell das Wort “Astrogepäck” und bieten Sonderkonditionen. Das Stichwort Strom wird nun besonders wichtig und sollte geklärt werden bevor man feststellt, dass man den Akku aus Gewichtsgründen daheimgelassen hat... Bei all den Vorbereitungen und Umständen sollte man eines nicht vergessen: Eine Astro-Exkursion macht großen Spaß und hat immer auch einen gewissen Abenteuer-Faktor, an den man gerne zurückdenkt. Man gewinnt viel an Erfahrung im Umgang mit der eigenen Ausrüstung und natürlich belohnt eine Himmelsqualität, die man zu Hause nicht erleben kann, für die Mühen. Über manche ärgerliche Begebenheit kann man später lachen und es gibt kaum einen Sternfreund, der nicht schon einmal eine Stunde Fahrt ohne Gegengewicht oder ein anderes, notwendiges Zubehörteil gemacht hätte. Aber gerade für diese Fälle gilt, dass gemeinsames Beobachten in solchen Fällen nicht den Spaß verdirbt. Man schaut dann einfach bei den Kameraden mit, wenn nicht sogar jemand Ersatz für das vergessene Teil dabei hat.
Eine besondere Form der Exkursion ist sicher die Fahrt zu einem mehrtägigen Teleskoptreffen. Bei einigen Teleskoptreffen kann man im Hotel übernachten, bei anderen steht Camping auf dem Plan. Meist muss man sich vorher anmelden. Tagsüber wird gefachsimpelt, wobei man die verwunderlichsten Teleskopkonstruktionen zu sehen bekommen kann, aber auch die raffiniertesten Tricks beigebracht bekommt. Nachts hat man vielleicht auch die Gelegenheit, mal durch ein Traumteleskop zu schauen, oder sogar mal bei einem anderen Sternfreund beispielsweise ein Okular “life” kennenzulernen, das man selbst gerne kaufen möchte, aber nicht recht wusste, ob es lohnt. Wonach einem der Sinn auch steht, ob ruhiger Abend allein, ein Beobachtungsausflug mit Freunden oder gar der Besuch eines Teleskoptreffens, eine Astro-Exkursion wird bei guter Planung oft ein unvergeßliches Ereignis. Mit nur ein Wenig Routine treten die Vorbereitungen in den Hintergrund und man genießt wunderbare Sternstunden. |